Bereits am frühen Vormittag war er mit Traktor im Sägewerk im benachbarten Greifenberg und hat einen Wagen voller Holzbalken nach Hause gezogen. Denn Hans Well baut gerade ein 400 Jahre altes Austragshäusl im Türkenfelder Ortsteil Zankenhausen klimagerecht aus, das an sein heutiges Wohnhaus angrenzt.
Weil seine älteste Tochter Sarah das zweite Kind erwartet, zieht der Oberbayer mit seiner Frau demnächst ins Nebengebäude, das er sich selbst wohnlich herrichtet. Der frühere Texter der legendären Biermösl Blosn kann nämlich nicht nur mit dem Wort präzise umgehen, sondern ist zudem ein exzellenter Handwerker.
Well selbst legt in diesem Zusammenhang Wert darauf, dass ihm nichts geschenkt worden ist im Leben. Er stammt aus einer Familie mit 15 Kindern; der strenge Vater war Lehrer, die Mutter Hausfrau. Die Kindheit sei nicht immer unbeschwert gewesen. Erst später ist ihm die große Lebensleistung der Eltern bewusst geworden, die allen Kindern trotz knapper Mittel eine musikalische Bildung zukommen lassen konnten.
Mit Kabarettist Gerhard Polt tourten die Well-Brüder viele Jahre durch Deutschland
Diese Saat ist aufgegangen. Die Well-Familie spielt bis heute in verschiedenen Formationen Volksmusik. Die bekannteste Gruppe war die weit über die Freistaatgrenzen hinaus bekannte "Biermösl Blosn“. Die drei Brüder Michael, Christoph (Stofferl) und Hans fanden sich 1976 zusammen. Und Hans, der Pädagogik, Germanistik und Geschichte studierte, sagt noch heute erleichtert, er sei dadurch "zum Glück für die Schüler dem Lehrerdasein entronnen“.
Schon nach ihrem ersten bekannten Lied "Gott mit dir du Land der BayWa“ nahm die Karriere der drei Fahrt auf. Die Wells begeisterten mit ihrer damals neuen Art von Volksmusik – also traditionelle Stücke in Verbindung mit kritischen und satirischen Mundart-Texten. Nach 36 Jahren ging die Gruppe trotz großen Erfolgs überraschend auseinander.
Während Hans mit seinen Kindern danach "Hans Well & die Wellbappn“ gründete und unter neuer Flagge erst einmal wieder Boden und Publikum gewinnen musste, machten die Brüder mit ihrem Partner Gerhard Polt da weiter, wo sie aufgehört hatten, und bespielten die großen Bühnen ohne Berührungsängste mit dem Establishment.
Die Biermösl Blosn trennten sich nach 36 erfolgreichen Jahren
Auslöser der Trennung war der Streit über die inhaltliche Ausrichtung der Gruppe. Hans Well drängte es weiter nach aktuellen Texten und Themen, die Brüder wollten dem Vernehmen nach eher aufs Bewährte setzen. Ob es noch andere Gründe gab? Man weiß es nicht. Well, der ansonsten gut gelaunt aus seinem Leben erzählt, wird einsilbig, wenn man darauf zu sprechen kommt. Irgendwie trauert er diesem Erfolgsprojekt bis heute nach. Auf der anderen Seite hat er auch Spaß mit seinen eigenen Kindern auf der Bühne. Doch auch die "Wellbappn“ werden sich in diesem Jahr trennen.
Diesmal jedoch ganz ohne Streit und Frustration. Den zwei jüngeren Kindern fehlt schlichtweg berufsbedingt die Zeit für die Auftritte, erklärt Well und kann das in ihrer Lebenslage durchaus verstehen. Mit seiner Tochter Sarah, die bald in Zankenhausen wohnt, will Well jedoch weitermachen: Ab nächstem Jahr soll’s losgehen.
Hans Well, das neunte der 15 Kinder der Großfamilie, wäre nicht er selbst, wenn es ihn nicht weiter auf die Bühne drängte: Denn er ist ein Macher, ein Einmischer, der manchmal mit seiner Hartnäckigkeit nervt, sagen die, die ihn kennen. Politisch bezeichnet er sich selbst als überparteilich und wertkonservativ.
Hans Well hat acht abrissreife Häuser liebevoll saniert
Dass Well nicht an Sprüchen, sondern an Substanz interessiert ist, das kann man nicht nur an seinen Texten festmachen, sondern auch an seinem Faible für alte Häuser. Bereits acht denkmalgeschützte und abrissreife Gebäude hat er liebevoll saniert. Seinen eigenen Angaben zufolge hat er sie ohne große Gewinne wieder weitergegeben. Das glaubt man gern. Denn Well geht und ging es immer ums Bewahren und nicht ums Verdienen.
Sein künstlerisches Zwischenfazit indes ist eher nüchtern: Mit einem Augenzwinkern bezeichnet er sich selbst als "Totalversager“. Als er mit der Musik begonnen habe, habe er noch daran geglaubt, dass sich die politischen Verhältnisse in Bayern ändern lassen, wenn man nur laut genug gegen Missstände ansingt und mit Witz darüber spottet. Inzwischen ist der Jugendoptimismus einer Altersskepsis gewichen. "Ich glaube nicht, dass ich das noch erlebe", sagt er – allerdings ohne Bitterkeit mit einem feinen Lächeln.
Seinen runden Geburtstag will Hans Well kleiner feiern als den 65., zu dem über 200 Gäste eingeladen waren. "Einen Geburtstagswunsch hat er auch: einige der neuen Lieder aufnehmen, bevor die "Wellbappn" in dieser Besetzung auseinandergehen. Und seinem Schmunzeln nach zu schließen, ist er sicher, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen wird.
Info: Letzte Termine der Wellbappn in der Region: 5. Mai im Altbau Irsee, 6. Mai im Peichinger Bauerntheater in Oberpeiching.