Sie war eine der wichtigsten Zeuginnen in den sogenannten Ruby-Prozessen gegen Silvio Berlusconi und seine Entourage. Bereits am 1. März soll die 34 Jahre alte Imane Fadil in einem Mailänder Krankenhaus gestorben sein. Der Frage, ob die Marokkanerin vergiftet wurde, geht nun die Staatsanwaltschaft Mailand nach. Sie wurde erst eine Woche nach dem Tod des Ex-Models eingeschaltet und hat ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet.
Fadil war im Jahr 2010 mehrfach zu Gast in der Villa des damaligen italienischen Ministerpräsidenten und bei dessen Parties. Je nach Darstellung handelte es sich dabei um „galante Abendessen“ oder ausschweifende Sex-Parties, an denen auch die minderjährige Karima El Farough alias Ruby Rubacuori teilnahm. Derzeit läuft der dritte Prozess in der Ruby-Affäre. Darin werfen die Ermittler Berlusconi und weiteren 27 Angeklagten, darunter angehenden Models und Mitarbeitern Berlusconis, Falschaussage und Zeugenbestechung vor. Fadil bestätigte diese These mit ihren Aussagen.
Giftige Substanzen im Körper
Derzeit wirft der Fall Fadil vor allem Fragen auf. Was war etwa die genaue Todesursache der 34-Jährigen? In italienischen Medien war die Rede von erhöhtem, aber nicht lebensgefährlichem Vorkommen giftiger Substanzen im Körper der Zeugin. Das habe eine toxikologische Untersuchung ergeben. Auch von einer möglichen radioaktiver Verstrahlung Fadils wurde berichtet. Innere Organe seien schwer geschädigt gewesen, kaum weiße Blutkörperchen hätten sich trotz zuletzt mehrfacher Transfusionen in ihrem Blut befunden. „Es gibt keine präzise Diagnose für den Tod, aber aus den Untersuchungen ergeben sich Hinweise auf eine Vergiftung“, sagte Staatsanwältin Tiziana Siciliano. In dieser Woche soll Fadils Leichnam obduziert werden.
Fadil war Ende Januar in eine Klinik in Rozzano bei Mailand eingeliefert worden und hatte laut ihrem Anwalt Paolo Savesi damals selbst den Verdacht geäußert, vergiftet worden zu sein. Erst zwei Wochen zuvor war die 34-Jährige das letzte Mal vor Gericht erschienen. Ihr Antrag auf Nebenklage und Schadensersatz wurde damals abgelehnt. Auch die Anträge der beiden Belastungszeuginnen Ambra Gutierrez und Chiara Danese wurden abgelehnt. In dem noch laufenden Prozess geht es um den Vorwurf, die Teilnehmerinnen an den sogenannten Bunga-Bunga-Abenden des vierfachen italienischen Ministerpräsidenten, mehr als ein Dutzend junge Frauen, seien zur Vertuschung der wahren Vorgänge von der Entourage Berlusconis bestochen worden sein.
Versuche der Bestechung
Nach dem Verlassen des Gerichtssaals sagte Fadil damals: „Im Gegensatz zu den anderen habe ich immer die Wahrheit gesagt. Es gab zahlreiche Versuche der Bestechung von Seiten Berlusconis.“ Ihr sei Schweigegeld angeboten worden, sie habe aber abgelehnt. „Ich habe Angst, man weiß nicht, mit wem man es da zu tun hat“, sagte Fadil. Außerdem fügte sie hinzu, sie plane die Veröffentlichung eines Buches, in dem sie die Hintergründe der Bunga-Bunga-Abende in Berlusconis Privatresidenz Arcore bei Mailand aufdecken werde.
Die Bunga-Bunga-Affäre nahm im Jahr 2010 ihren Lauf, nachdem die Teilnahme der damals minderjährigen Karima El Marough an den Berlusconi-Festen aufflog. In einem Verfahren wegen Amtsmissbrauch und Prostitution Minderjähriger wurde Berlusconi 2015 definitiv freigesprochen, das Kassationsgericht bekräftigte damals, es sei zu Prostitution gekommen, es sei aber nicht nachweisbar, dass Berlusconi von der Minderjährigkeit El Maroughs wusste. Die Anklage im noch laufenden Verfahren nimmt an, der Ex-Ministerpräsident, der weiterhin die von ihm gegründete Partei Forza Italia leitet, habe Zeuginnen mit insgesamt rund zehn Millionen Euro bestochen.
Ringe und ein Kuvert
Auf den Tod von Fadil angesprochen sagte der 82-Jährige: „Ich habe diese Person nie kennengelernt und nie mit ihr gesprochen.“ Mehrere Personen behaupten das Gegenteil. So spricht der frühere Berlusconi-Freund und wegen der Ruby-Affäre zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilte TV-Moderator Emilio Fede von mindestens drei Besuchen Fadils in Berlusconis Privatresidenz. Auch Fadil selbst berichtet von mehreren Begegnungen mit dem Ex-Ministerpräsidenten, darunter einer Begegnung im Februar 2010. Berlusconi habe ihr in seinem Büro eine Uhr mit dem Wappen des AC Mailand, Ringe sowie ein Kuvert mit 2000 Euro überreicht.