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Kinokritik: "One Life" mit Anthony Hopkins: Der britische Oskar Schindler

Kinokritik

"One Life" mit Anthony Hopkins: Der britische Oskar Schindler

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    Noch ahnt Nicky Winton (Anthony Hopkins) nicht, was ihn bei "That's Life" erwartet.
    Noch ahnt Nicky Winton (Anthony Hopkins) nicht, was ihn bei "That's Life" erwartet. Foto: Peter Mountain

    Statt wie geplant in Skiurlaub zu fahren, reist der junge Londoner Börsenmakler Nicky Winton (Johnny Flynn) im Dezember 1938 nach Prag, wo ein Freund sich in einer Flüchtlingshilfsorganisation engagiert. Im Zuge des Münchner Abkommens wurde gerade das Sudetengebiet an das Deutsche Reich abgetreten und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Hitlers Wehrmacht auch die restliche Tschechoslowakei erobert. 

    Der junge Nicky Winton (Johnny Flynn) fotografiert im Camp und verschafft den Kindern Papiere – eine Szene des Films "One Life".
    Der junge Nicky Winton (Johnny Flynn) fotografiert im Camp und verschafft den Kindern Papiere – eine Szene des Films "One Life". Foto: Julie Vrabelova, dpa

    Tausende Menschen strömen aus den besetzten Gebieten nach Prag, wohin sich nach der Machtergreifung und dem „Anschluss“ Österreichs ohnehin schon zahllose Juden und politisch Verfolgte geflüchtet haben. Zusammen mit dem britischen Flüchtlingskomitee vor Ort beschließt Winton eine Rettungsaktion für die betroffenen Kinder zu organisieren, die aus Prag per Zug nach Großbritannien in Sicherheit gebracht werden sollen. 

    Anthony Hopkins spielt in "One Life" den alten Nicholas Winton

    Acht Kindertransporte hat Nicholas Winton 1938/39 organisiert und damit 669 Kindern vornehmlich jüdischer Herkunft vor dem Holocaust gerettet. In seinem Film „One Life“ setzt James Hawes dem humanistischen Aktivisten ein filmisches Denkmal, der als „britischer Schindler“ in die Geschichte eingegangen ist. 

    Das Besondere an der Geschichte ist, dass sie erst im Jahr 1988 in der BBC-Fernsehshow „That‘s Life“ ans Licht kam. Und auch davon erzählt „One Life“ in einem zweiten Erzählstrang. Hier spielt Anthony Hopkins den 78-jährigen Winton, der in seinem Schreibtisch immer noch ein Album mit Listen und Fotos der Kinder verwahrt, die für die Transporte eingeplant waren. Über tausend sollten es sein, aber als am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg begann, wurde der neunte Transport von den deutschen Besatzern aufgehalten. Die Bilder der Kinder, die er nicht mehr retten konnte, verfolgen Winton auch im hohen Alter noch. Als Winton zu einer TV-Show eingeladen wird, ahnt er nicht, dass im Publikum einige der Menschen sitzen, denen er das Leben gerettet hat. 

    "One Life" erzählt vom beherzten Handeln eines grundanständigen Humanisten

    Dass diese Szene nicht in Sentimentalität versinkt, liegt an Anthony Hopkins, der seine Figur glaubwürdig als pragmatischen, bescheidenen Humanisten zeichnet. „One Life“ ist ein sehr konventionell gestaltetes Biopic. Aber die Story eines Börsenmaklers, der sich von dem Schicksal der Flüchtlinge berühren lässt und seine Betroffenheit in aktives Handeln umsetzt, entwickelt auf der Leinwand auch innerhalb der Formatvorlagen des Genres ihre eigene Kraft. In Zeiten, in denen die britische Tory-Regierung Flüchtlinge ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abschieben will, erscheint die Erinnerung an diesen grundanständigen Humanisten mehr als notwendig.

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