Schnörkelreiche Verzierungen und dralle Putti, glitzerndes Gold in den Kirchen und grünes Zierwerk in weitläufigen Parkanlagen, Bauwerke, die zu schweben und zu schwingen scheinen – mit dem Barock verbinden sich üppige Pracht und repräsentatives Auftreten. Und längst nicht nur in der Kunst und in den katholischen Kirchen breitete sich dieser Stil aus, den italienische Baumeister im 17. Jahrhundert mit nach Bayern brachten. Als eine Art Gegenprogramm zum zwischen 1618 und 1648 wütenden Dreißigjährigen Krieg wurde das pralle Leben, das "barocke Welttheater" gefeiert. Dahinein führt die Landesausstellung "Barock! Bayern und Böhmen", die das Haus der Bayerischen Geschichte von Mittwoch, 10. Mai, an in Regensburg zeigt. Besonderheit dabei: Erstmals wurde eine Ausstellung des Hauses in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Nationalmuseum Prag konzipiert und so kamen über 150 Exponate zusammen, die Vielfalt und Reichtum des Barock im bayerisch-böhmischen Kulturraum nahebringen.
Es ist allerdings keine reine Jubelaussstellung geworden, wie es Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte ausdrückt, sondern eine, die Licht und Schatten dieser Epoche vereint. Denn in der Zusammenschau von Bayern und Böhmen zeigt sich besonders gut: Was für die einen Blüte und Reichtum bedeutete, erlebten die anderen zunächst als Schreckensherrschaft. Und auch vom bayerischen Herzog Maximilian I., der vor genau 400 Jahren just in Regensburg in den Stand eines Kurfürsten erhoben wurde, zeichnet die Ausstellung nicht nur das strahlende Bild, des Monarchen, der den maroden Staat wieder auf Vordermann brachte.
Die Habsburger brachten eine Schreckensherrschaft
Mit dem Jahr 1620, als Maximilian I. im Auftrag des Wiener Kaisers das böhmische Ständeheer in der Schlacht am Weißen Berg besiegte, setzte in Böhmen die Habsburger Regentschaft ein und damit die zwangsweise Rekatholisierung der Bevölkerung mit Hinrichtungen, Vertreibungen, Zwangsbekehrungen und dem Verlust der böhmischen Selbständigkeit. Zum Fanal wurde im Jahr 1621 die Hinrichtung 27 böhmischer Herren auf dem Altstädter Ring in Prag. Pracht und Luxus, Tod und Schrecken stehen im Eingangsbereich der Ausstellung in direkter Sichtachse: Von der Vitrine mit einem funkelnden Pferdegeschirr, das Maximilian zum Dank für seinen Sieg erhielt, kann man direkt auf ein dem Henkersgerüst nachempfundenes Holzgestell blicken, darauf ein Gemälde, das die blutigen Ereignisse darstellt.
Es ist eine Epoche der Gegensätze, die da in der Regensburger Landesausstellung präsentiert wird. Der Lust am Leben steht das Bewusstsein des allgegenwärtigen Todes gegenüber. Die fein gravierte goldene Taufgarnitur aus der Dreieinigkeitskirche in Regensburg steht nur ein paar Schritte entfernt vom Tumbadeckel mit einem realistisch gestalteten liegenden Skelett. Der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges folgte der Neubeginn. Verwüstungen, Hunger und Seuchen auf der einen Seite, auf der anderen der Wiederaufbau und die Renovierung in großem Glanz und Gloria.
Modelle zeigen, wie die Baumeister konstruierten
Ein Bauboom setzte nach dem Friedensschluss ein, eine Art "barocker Marschallplan", wie es Richard Loibl nennt. Reich ausgeschmückte Kirchen, Klöster und Adelsresidenzen entstanden in dieser Zeit in Bayern und Böhmen und es gab regelrechte Baumeisterdynastien wie die der Familien Dietzenhofer und Asam, die Gesamtkunstwerke aus Architektur, Fresken und Stuck kreierten. Auch die Frauen waren bei diesem Baubetrieb nicht ausgeschlossen wie das Gemälde vom Neuaufbau einer abgebrannten Kirche in Lindau zeigt. In zeitgenössischen Modellen erhält der Besucher einen Einblick, wie die Baumeister planten und konstruierten. Decken und Wände wurden scheinbar zum Schwingen gebracht durch mehrdimensionale Überschneidungen der Räume, den Verzicht auf rechte Winkel und gerade Linien sowie die Anordnung von Bogenarkaden. Anschaulich erklärt wird dieses Prinzip der "kurvierten Architektur" in einem Filmbeitrag und einem Kirchenmodell.

Barock beschränkte sich aber bei Weitem nicht nur auf die Kunst und Architektur. Geistliche Landschaften entstanden in der freien Natur – Kreuzwege, Kalvarienberge, Mariengrotten und Wegkapellen inszenierten den Glauben sinnlich als "heiliges Theater". Wie überhaupt das Theater nicht nur zur großen Metapher dieser Zeit wurde, sondern als Kunstform eine starke Bedeutung bekam. Zur Krönung des habsburgischen Kaisers Karl VI. und seiner Frau Elisabeth Christine zum böhmischen Königspaar wurde extra eine Oper komponiert und aufgeführt. Vier Monate lang wurde das Ereignis im Jahr 1723 in Prag gefeiert, mit jenem Pomp und jener Schaulust, die man heute gern als "barock" bezeichnet.
"Barock! Bayern und Böhmen" im Haus der Bayerischen Geschichte Regensburg. Laufzeit: 10. Mai bis 3. Oktober; geöffnet Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr. Verlängerte Öffnungszeit am Samstag, 13. Mai, von 9 bis 20 Uhr. Vom 10. bis 14. Mai ist der Eintritt frei.