Es ist der am weitesten gehende Gag in der Inszenierung von Gastregisseur Karl Absenger. Der Österreicher, der unter anderem mit Rainhard Fendrich arbeitete, vertraut ansonsten auf den Witz von Eduard Künnekes musikalischem Lustspiel. Er überdreht ein bisschen, er zitiert die Filmgeschichte, indem er Anja Gutgesell das weiße Kleid nach oben blasen lässt wie seinerzeit Marilyn Monroe in„Das verflixte 7. Jahr“, er sorgt für Überraschungen, indem er etwa David Fielder mit einem fröhlichen „Halloooo“ aus dem Orchestergraben auftreten lässt.
Schon die erste Szene verblüfft: Gesungen wird zunächst zu kratzigen Klavierklängen, die aus einem alten Grammofon zu kommen scheinen. Das Orchester greift erst ein, als es – samt Dirigent Viktor ?slund – von Anja Gutgesell (eine Idealbesetzung der quirligen Hannchen) heftig herbeigestikuliert wird.
Im stimmungsvollen, aussagestarken Bühnenbild von Bernd Franke, in dem ein großer Mond herniedersinkt, und mit den 20er-Jahre-Outfits der Figuren (Götz Lanzelot Fischer) kann die Künneke-Operette ihren ganz eigenen Charme entfalten. Vor der Pause der gut zweieinviertel Stunden langen Vorstellung liegt der Schwerpunkt eher auf Romantik. Die Komödie kommt erst nach der Pause so recht in Schwung. Regisseur Absenger kann sich in beiden Bereichen auf sein Bühnenpersonal verlassen.
Ion Bric als Josef Kuhbrot, der sein Mündel Julia de Weert mit seinem Neffen August verheiraten möchte, weil er sonst in finanzielle Schieflage gerät, ist ein ebenso guter Komödiant wie Barbara Schöller als seine Gattin Wilhelmine, eine amüsante Karikatur der überkandidelten, aufgetakelten „Frau in den besten Jahren“. Eine Karikatur liefert auch Andreas Rainer als überkorrekter, militärisch angehauchter Beamtenmensch Egon von Wildenhagen. Tobias Germeshausen ist der flotte Roderich de Weert, der einst nach „Dingsda“ abgehauen ist und dem Cousine Julia de Weert (Anja-Katharina Wigger) seitdem nachtrauert. Gastsängerin Wigger – bei der Premiere wegen einer Allergie leicht gehandicapt – zeigt vor allem die romantischen Seiten ihrer Figur.
Dass Julia am Ende nicht ihren Jugendschwarm Roderich heiratet, sondern doch August, den sie eigentlich gar nicht will, liegt an diversen Verwechslungen und Verkleidungen, die furchtbar unlogisch sind, aber das spielt keine Rolle. Operette braucht Logik nicht wirklich. Hier folgt die Welt anderen Gesetzen als draußen vor den Pforten des Theaters. Wie schön.
Schön ist auch, dass das Orchester die Musik, die oft von einem Takt zum nächsten von Komik zu Emotion kippt, reaktionsschnell und spritzig spielt. Schön ist auch, dass David Fielder den „Wandergesellen“-Hit vor der Pause singt wie ein richtiger Tenor. Ohne Mikrofon natürlich, fast ohne weich spülendes Legato, ohne Florian-Silbereisen-Anklänge. Dafür mit Aussagekraft.
Daten& Fakten
Der Vetter aus Dingsda Die nächsten Vorstellungen im Würzburger Mainfranken Theater sind am: 3., 6. und 13. März. Karten Tel. (09 31) 39 08-124.