Annie Proulx wurde die Unruhe in die Wiege gelegt. Der Vater, Angehöriger eines Indianerstammes in Kanada, hielt es nie länger an einem Ort aus. Die Familie zog während Annies Kindheit fast zwei Dutzend Male um. Jahrzehnte später versuchte Proulx, inzwischen eine preisgekrönte Schriftstellerin, in ihrer Wahlheimat Wyoming sesshaft zu werden.
Auf einer Klippe der Rocky Mountains baute sie ihr Traumhaus. Was alles dabei schiefging, beschreibt sie jetzt in der Autobiografie „Ein Haus in der Wildnis“. „Bird Cloud“ nennt Proulx ihren Wohnsitz, der ihr erlaubt, Adler und andere Raubvögel greifbar nahe beim Kreisen in der Luft zu beobachten. Proulx, die in dem waldreichen Neuengland aufwuchs, liebt die unwirtliche Natur von Wyoming und kennt sich bald mit deren Tier- und Pflanzenwelt aus. Manche US-Kritiker nehmen der Autorin übel, dass sie sich mit der Aufzählung von Wyomings seltenen Gewächsen aufhält.
„Ein Haus in der Wildnis“ gehört nicht zu Proulx' stärksten Werken. Ihr Talent für einfühlsame Geschichten über spröde Charaktere wurde unter anderen mit dem Pulitzerpreis und dem National Book Award, den beiden höchsten Literaturauszeichnungen der USA, belohnt. Ihre Kurzgeschichte „Brokeback Mountain“ über zwei schwule Cowboys, gewann in der Verfilmung von Ang Lee drei Oscars und vier Golden Globes.
Obwohl Proulx auch in der Autobiografie nicht an ihrer wunderbaren Prosa spart, ist das Buch inhaltlich enttäuschend, eine Art Klagelied über ein zum Scheitern verurteiltes Immobilienobjekt. Kein Wunder, Proulx lässt sich ihr Haus in der Wildnis mit Extras wie brasilianischen Kacheln und einer japanischen Badewanne ausstatten. Und die Bauarbeiten werden durch den harten Winter verzögert.
Annie Proulx: Ein Haus in der Wildnis (S. Fischer, 288 Seiten, 21,99 Euro)