Mehr als verdoppelt, innerhalb von zweieinhalb Jahren, haben Culcha Candela ihre Zuhörerschaft in Würzburg. Waren es beim Gastspiel im Oktober 2009 noch rund 2000 Fans, die den Berlinern zuhören wollten, kamen diesmal in die s.Oliver Arena gleich 4300. Dorthin war das Konzert verlegt worden, nachdem kurz nach der Bekanntgabe des Termins die Karten weggingen wie warme Semmeln.
Warm wird es dem Publikum bald: Die Gießener Deutschrocker von Neoh geben sich alle Mühe, mit ihren radiotauglichen Teenie-Knallern die Würzburger in Fahrt zu bringen. Und schaffen das, auch wenn dem Gros der Besucher doch eher der Sinn nach Reimen und Beats steht als nach Mitsing-Harmonien und Brat-Gitarren.
Im Pop-Mainstream
Hits wie „Schöne neue Welt“, „Monster“ oder „Berlin City Girl“ bleiben im Ohr hängen und werden auch in der Domstadt von Tausenden von Kehlen – neben zahlreichen Muttis und Papis, ohne die manche/r nicht hätte kommen können – mitgesungen. Obwohl den sechs die Hip-Hop-Haltung anhängt, mit der sie auch auftreten – eigentlich sind Culcha Candela spätestens mit dem jüngsten Album („Flätrate“) im Pop-Mainstream angekommen. Und das im zehnten Jahr ihres Bestehens, wofür sich die Multikulti-Gruppe mehrfach feiern lässt.
Die eineinhalbstündige Darbietung ist jedoch ganz „Old School“: Kein einziges echtes Instrument sieht man auf der Bühne, dafür Sänger, die das Publikum anheizen, mit großen Gesten über die Bretter und die Treppenkonstruktion schreiten und steigen, sich gegenseitig ansingen und damit für viel Bewegung sorgen. Nicht nur im Publikum, denn was die Mannen da oben leisten, das hat durchaus etwas mit Fitness zu tun. Und mit Artistik, die in erster Linie von den vier schmucken Tänzerinnen kommt, die auf den Namen Instinct hören und den Jungs einige Verschnauf- und Umzugspausen gönnen. Einbezogen werden auch die Fans: „1,2,3,4,5,6,7 – kick – links“ und dasselbe nach rechts, so machen die Berliner den Würzburgern Beine und haben sie die ganzen anderthalb Stunden voll im Griff. Im Publikum werden keine Haare geschwungen oder Fäuste gen Decke gerückt. Dafür wogt ein Meer aus auf- und niedergehenden Händen im Rhythmus der Beats des DJs, und dabei wird auch noch mitgesungen. Texte über die Heimat, Liebeserklärungen an den Kiez, über die Herausforderungen der Straße und natürlich über Sie und Ihn und das ewige Spannungsfeld der Liebe. Mit diesen zeitlosen Themen, einer Prise Gossen-Lyrik und ihren vielen Dancehall-Rhythmen treffen Culcha Candela genau den Nerv der jüngeren Generation. Entsprechend ist um 22 Uhr Schluss. Dann hätten die meisten Fans laut Gesetzgeber wegen ihres Alters eh nach Hause gemusst.