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WÜRZBURG/KAIRO: Eine Vision für Ägypten

WÜRZBURG/KAIRO

Eine Vision für Ägypten

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    Monumental: Entwurf der Fassade des Grand Egyptian Museum von dem irischen Architektenteam Heneghan/Peng.
    Monumental: Entwurf der Fassade des Grand Egyptian Museum von dem irischen Architektenteam Heneghan/Peng. Foto: Fotos: Heneghan/Peng, dpa, hele

    Auf der Visitenkarte steht „The Grand Egyptian Museum“. Der schwungvolle arabische Schriftzug daneben bedeutet wohl dasselbe. Das Kärtchen weist Dr. Mohamed Gamal Rashed als „Director of the Museum Exhibition“ aus, jedoch: Er sei Direktor eines Hauses, das es noch nicht gibt, sagt der Wissenschaftler bei seinem Besuch am Lehrstuhl für Ägyptologie der Würzburger Universität. Doch der 33-Jährige ist ein Mann mit Visionen, mag das bei den Zuständen, die derzeit in seinem Heimatland herrschen, auch schwierig sein. Das abgekürzt GEM genannte Haus soll das größte Museum ägyptischer Kunst der Welt werden, ein Juwel (was „Gem“ auf Englisch bedeutet). Dr. Mohamed Gamal Rashed glaubt an die Zukunft.

    Das riesige Areal, etwa zwei Kilometer westlich der Pyramiden von Gizeh, soll zum einen das eigentliche Museum (Ausstellungsfläche: 32 000 Quadratmeter) beherbergen – und noch mehr. Geplant ist ein 35 000 Quadratmeter großer „Land of Egypt Park“, in dem inmitten von alten ägyptischen Pflanzen traditionelle Bewässerungssysteme arbeiten. Ein „Nil-Park“ zeigt auf zweieinhalb Kilometern Länge den Fluss als Lebensader des Landes mit Pools, Quellen und Lounges. Eine Promenade („Esplanade“) verbindet das GEM mit den Pyramiden, flankiert von Cafeterias, Restaurants und Boutiquen auf einer Fläche von insgesamt 98 000 Quadratmetern.

    Das international unterstützte Mega-Projekt – Mohamed Gamal Rashed spricht von 1500 Millionen Dollar Gesamtkosten – soll jährlich fünf Millionen Besucher und dementsprechend Devisen ins Land spülen. Das könnte, alles in allem, bis zu 60 000 Arbeitsplätze schaffen. Aber Dr. Mohamed geht es nicht nur um Touristen: Das Projekt soll auch die Einheimischen integrieren. Dafür gibt es (oder wird oder soll es geben) einen „Recreational Park“, der mit seinen 45 000 Quadratmetern der Hauptstadt Kairo und der Gemeinde von Gizeh als öffentlicher Garten dienen soll. Bildung und Forschung seien wichtige Aspekte des Museums, ebenso Vernetzung mit Universitäten im In- und Ausland, sagt Dr. Mohamed.

    Er sagt auch: „Es ist wichtig, dass wir an die Menschen in Ägypten denken. Wir wollen die Beziehung zwischen ihnen und ihrer Vergangenheit zurückbringen. Ich möchte dazu beitragen – Schritt für Schritt –, dass die nächsten Generationen den Wert von Museen, Kultur und Bildung schätzen lernen, dass sie erfahren, wie man das Leben glücklicher machen kann durch den Dialog mit der eigenen Geschichte.“ Die Besinnung auf die eigene Vergangenheit könne auch in der derzeitigen Situation hilfreich sein. Derzeit, räumt der Wissenschaftler ein, hätten die Menschen in Ägypten, gebeutelt von Revolution und Gegenrevolution, von Militärherrschaft, Gewalt und Blutvergießen, andere Probleme als den Neubau eines Museums.

    Die politischen Umstände werden auch die für August 2015 geplante Eröffnung des GEM verzögern. Ein Jahr, vielleicht zwei Jahre? Der künftige Chefkurator weiß das nicht zu sagen. Man sei mit dem Bau des Hauses, dessen Grundstein 2002 gelegt wurde, ebenso im Verzug wie mit dem Umzug der Kunstgegenstände. „15 000 haben wir schon transportiert“, erklärt Mohamed Gamal Rashed, „das ist gut. Aber es geht um 100 000 Gegenstände!“ Die Sicherheitslage sei für den Transport von Kunstwerken alles andere als günstig.

    Das alte Ägyptische Museum, aus dem die Werke für das neue kommen, liegt am Tahrir-Platz in Kairo, dem Zentrum der Revolutionen. Als es 1902 eingerichtet wurde, sollte es einige Tausend Artefakte beherbergen – heute sind es 200 000. Mehr Raum ist nötig und ein neues Konzept. Zu dem gehört im Verständnis von Dr. Mohamed auch, dass die alte ägyptische Kultur eine Quelle des Wissens sein kann. Weltweit: „Das ist nicht nur unser Museum. Es ist auch Eures“, sagt er mit seiner sanften, aber eindringlichen Stimme.

    Der junge Wissenschaftler, der in Kairo studierte und am Metropolitan Museum New York, am British Museum London und am Kunsthistorischen Museum Wien Erfahrungen sammelte, denkt international. Er hat denn auch keine Probleme damit, dass ägyptische Kunst sich außerhalb ihrer Heimat befindet. Dass vieles einst geraubt wurde. „Die Kunstwerke sind gute Botschafter unserer Kultur im Ausland“, sagt er. Die Zeit der Pharaonen sei in der Welt gegenwärtig wie keine andere alte Kultur. Quasi als Gegenleistung fordert Mohamed Gamal Rashed aber Unterstützung „für unsere Wissenschaft, für unsere Museen“. Daraus könnte sich eine internationale Vernetzung der modernen Welt mit Hilfe uralter Kultur entwickeln, was letztlich sogar Völker verbinden könnte. Jedenfalls laufen in diese Richtung Mohamed Gamal Rasheds Visionen von einer Zukunft, die derzeit weit entfernt scheint.

    Das ägyptische Volk sei stark, gibt er sich zuversichtlich. Es habe die Kolonialherrschaft der Briten überstanden, ohne den Kern seiner Identität zu verlieren. Es werde auch die derzeitige Krise überstehen. „Natürlich machen wir uns Sorgen um die Zukunft und darüber, wie lange diese Übergangsperiode dauern wird. Zwei Jahre? Fünf Jahre? Zehn Jahre? Wir wissen es nicht. Aber wir sind sicher, dass es einen neuen Anfang geben muss und dass Schritte in die Zukunft getan werden müssen.“

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