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FRANKFURT/MAIN: Erfolgsautorin Juli Zeh: Tauchlehrer gerät in einen Strudel menschlicher Abgründe

FRANKFURT/MAIN

Erfolgsautorin Juli Zeh: Tauchlehrer gerät in einen Strudel menschlicher Abgründe

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    Tauchurlaub auf Lanzarote – ganz individuell und zugleich alles inklusive. Das ist die Geschichte von Juli Zehs neuem Roman, der mitten in der Ferienzeit in die Buchhandlungen kommt und nach einem Fachbegriff aus dem Tauchsport „Nullzeit“ heißt. Die Unterwasserwelt und die Vulkaninsel sind Kulisse für einen starken, genau komponierten Psychothriller mit allerlei gesellschaftlichen Seitenhieben.

    Im Vordergrund steht ein C-Promi-Paar, das den Tauchlehrer und dessen scheinbar heile Welt in einen gefährlichen Strudel menschlicher Abgründe zieht. Die junge, attraktive TV-Serien-Schauspielerin Jola und ihr Lebensgefährte Theo, ein mäßig erfolgreicher Schriftsteller Anfang 40, haben einen Tauchurlaub gebucht. Jola will sich dabei auf ein Casting vorbereiten. Betreut werden sie – nach Wunsch auch rund um die Uhr – von Tauchlehrer und Aussteiger Sven sowie seiner Freundin und Assistentin Antje.

    Aus der Begegnung des Paares mit Sven, der Deutschland schon vor Jahren den Rücken gekehrt hat, entwickelt sich rasch eine verhängnisvolle Dreiecksgeschichte. Wahrheit und freier Wille, Macht und Ohnmacht, Lüge und Betrug sowie Freiheit, Schuld und Verantwortung werden durcheinandergewirbelt und erscheinen immer wieder in neuem Licht. Sven, der sich eigentlich aus allem heraushalten will und auch nur halbherzig mit Antje zusammen ist, verliert zunehmend die Kontrolle und wird zum Spielball des dynamischen und zerstörerischen Verhältnisses seiner Kunden.

    Zeh, die wie ihre Figur Sven Jura studiert hat, spart nicht mit Seitenhieben auf die Gesellschaft: auf eine selbstherrliche juristische Fakultät etwa, aber auch auf die Beweggründe von Aussteigern. Film- und Literaturgeschäft bekommen ebenfalls ihr Fett weg, wobei sich Zeh auch gängiger Klischees bedient. Theo wird von seiner Freundin – die ihn stets „alter Mann“ nennt – finanziell ausgehalten. Zugleich steht er unter dem dauernden Druck, endlich wieder ein erfolgreiches Buch vorzulegen, und flüchtet sich dabei in Sarkasmus, Alkohol und Gewalt.

    Telenovela-Sternchen Jola, die den Nachnamen eines baltischen Adelsgeschlechts trägt, ist die Tochter eines mächtigen, aber herzlosen Filmproduzenten. In der Rolle der Tauchpionierin und Abenteuerin Lotte Hass sieht Jola ihre letzte Chance, aus dem Serien-Geschäft auszusteigen – dafür hat sie den Tauchurlaub gebucht, dafür hungert sie. Die Figuren, ihre Widersprüche, Abgründe und der Umgang damit sind typische Zeh-Charaktere – wie sie ähnlich auch in ihrem Roman „Spieltrieb“ (2004) hätten vorkommen können.

    Juli Zeh: Nullzeit (Schöffling & Co., 256 Seiten, 19,95 Euro)

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