In Henrik Ibsens Drama „Ein Volksfeind“ ist nicht nur das Heilwasser, sondern die gesamte Gesellschaft einer idyllischen Kleinstadt vergiftet. Das gesellschaftskritische Stück zeigt, wie schnell ein Held vom Sockel stürzen kann, und erntete bei der eindringlich gespielten Premiere im Fränkischen Theater Schloss Maßbach viel Beifall. Aber auch Betroffenheit. Denn das vor gut 100 Jahren spielende Drama ist heute brandaktuell, wirft es doch Fragen auf, die täglich in Medien, an Stammtischen, auf der Straße sowie im Beruf und in Familien diskutiert werden. Fragen nach Bestechlichkeit von Politikern, nach ihrer Wahrhaftigkeit. Fragen nach dem Missbrauch der Macht, nach persönlicher Bereicherung der Menschen, die Vorbilder sein sollten, nach dem Recht auf individuelle Freiheit und nach dem Recht der Mehrheit.
Regisseur Ingo Pfeiffer hat sich mit der Neufassung des Ibsen-Dramas von Rainer Erler befasst, die ursprüngliche Personenzahl klug reduziert und die Ereignisse trotz etlicher Striche im Drama des norwegischen Autors verständlich für die kleine Bühne eingerichtet. Vor einem mit wenigen Handgriffen raffiniert umzugestaltenden Bühnenbild (Andreas Wagner) stürzt der Badearzt Dr. Stockmann vom Gipfel der Gesellschaft hinab in die Verachtung. Ob er letztendlich tatsächlich ein tapferer Mann mit aller Konsequenz ist, bleibt offen.
Ein Badearzt voller Esprit
Dr. Stockmann hat entdeckt, dass die Rohre der Quelle, durch die das Heilwasser sprudelt, das der Kleinstadt zu Wohlstand verholfen hat, marode sind und anstelle von Erleichterung und Heilung üble Krankheiten die Folge sind. Durch die Bekanntgabe seiner Forschungsergebnisse ist eine finanzielle Katastrophe für Stadtbewohner und Kurort programmiert. Stefan Krischke ist ein Badearzt voller Esprit. „Ich bin gesellig“, strahlt er zu Beginn und sprüht mit seiner Ausstrahlung und seinem Bekenntnis zu Wohlbefinden und Glück förmlich in die herrliche Winterwelt hinein, die das Bühnenbild suggeriert.
Überzeugend zeigt er den Konflikt, der sich zu seinem Bruder, dem Landrat Thorsten Stockmann, auftut. Andreas Armand Aelter gibt diesen beklemmend steifen Bürokraten, der aalglatt und kalt seine Macht verteidigt, mit großer Überzeugungskraft. Eike Domroes als Gerbermeister Morten Kjel und Marc Marchand als Druckereibesitzer Björnson brillieren in ihren Rollen und sorgen nach manch zögerlicher Dramaturgie für frischen Schwung. Katharina Försch, Michel Schaller und Elmar Börger als Ehefrau Kareen, als Redakteur Hovstadt und als Pastor ergänzen das ambitionierte Ensemble.
Auf dem Spielplan bis 27. 11. (das Stück geht auch auf Tournee). Karten und Infos: Tel. (0 97 35) 2 35, Internet: www.fraenkisches-theater.de