„Das ist das Land der Vollidioten, die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat. Wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten. Wir sind einfach gleich wie ihr – von hier.“ Klare Ansage, Missverständnisse ausgeräumt. Klare Worte sind typisch für Frei.Wild. Die Deutschrock-Combo aus Südtirol mit dem charakteristischen Punkt im Namen lässt es krachen und nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Brixener mögen's unbequem, und ihre treue Fangemeinde belohnt sie in Würzburg als textsicherer Chor.
Längst sind Frei.Wild kein Geheimtipp mehr, sie füllen mittelgroße Hallen, sind Gast auf den bedeutenden Rockfestivals der Republik. Auch die Würzburger Posthalle ist pickepackevoll: 2700 Fans sind gekommen – und brauchen es nicht zu bereuen. Zwei Stunden dreckiger, ehrlicher Rock, Vollgas auf der Bühne, Vollgas im Saal.
Immer mit Hang zur Rebellion
Zu den bewusst einfach gestrickten Drei-, Vier-Akkorde-Stücken wird fleißig mit den Armen gewedelt und Ska getanzt, „die softe Art des Pogo“, wie es Sänger, Gitarrist und Songschreiber Philipp Burger scherzhaft den Frei.Wild-Neulingen erklärt. Dass Burger von Ska, einer ursprünglich ethnisch geprägten Form schneller Musik spricht, ist nur einer von zahlreichen Hinweisen auf die Orientierung der Band. 2001 gegründet, coverte man zunächst Deutschrock-Kollegen wie die Toten Hosen oder die Böhsen Onkelz. Als sich dann Burger, der sich in Interviews stets als überzeugter Südtiroler präsentiert, 2008 als damaliges Parteimitglied der „Freiheitlichen“ zunächst für eine derer Veranstaltungen gewinnen ließ (später jedoch absagte), war das Kraut fett: Frei.Wild bekamen den Stempel der Rechtslastigkeit aufgedrückt.
Vorschnell, wie selbst renommierte Rundfunksender erkannten. Die vier Jungs sind Stammgast auf Rock-Antenne, stürmten mit ihrem Album „Gegengift“ zwischenzeitlich Platz zwei der deutschen Hitparade, treten bei „Gegen Rechts“-Konzerten auf, standen auf der legendären „Wacken“-Bühne. Frei.Wild haben es verstanden, die Onkelz-Lücke zu schließen. Mit handwerklich tadelloser Musik und Texten, die der Generation zwischen 15 und Mitte 30 aus der Seele sprechen. Da geht es um enttäuschte Liebe, zu lange Partys, darum, seinen Weg zu finden, sich nicht verbiegen zu lassen – immer mit Hang zur Rebellion.
Die Liebe zur Heimat
Und es geht auch um die Liebe zur Heimat: im einzigen Cover des Abends, einer starken Version von „Fürstenfeld“ (STS), oder aber in „Südtirol“, dem Gassenhauer der Band schlechthin. Burger singt, na ja, schreit in unschuldiger Volksmusik-Tradition von grünen Wiesen, dichten Wäldern, stolzen Burgen und urigen Städten. Und die Fans grölen mit – keine Spur von Nationalismus oder Aggressivität. Die Musik ist hart, schnell und laut, aber in den Texten liegt auch menschliche Wärme – das kommt an.
Etwas weniger emotional erreichen die beiden Vorbands das – dennoch – dankbare Publikum. Es könnte an den Worten gelegen haben. Die Kempener Polit-Punker BRDigung sind stark an den Instrumenten, aber zu kopflastig in den Lyrics. Und die Wilden Jungs verlassen gern den guten Geschmack; die Hessen haben mit ihren Vorstellungen weiblicher Qualitäten zumindest einige Frauen verstimmt. Was Frei.Wild mit „Sie hat Dir 'nen Arschtritt gegeben“ wettgemacht haben dürften.
ONLINE-TIPP
Viele Bilder vom Frei.Wild-Konzert in Würzburg und vom Publikum unter: www.mainpost.de