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Heinrich Schafmeister und das Seelen-Squash

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Heinrich Schafmeister und das Seelen-Squash

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    Heinrich Schafmeister: „Bei einer Komödie ist das Timing alles, und der Erfolg ist absolut messbar: Lachen die Leute oder nicht?“
    Heinrich Schafmeister: „Bei einer Komödie ist das Timing alles, und der Erfolg ist absolut messbar: Lachen die Leute oder nicht?“ Foto: Foto: dpa

    Ein seltsames Paar sind „Wilsberg“-Darsteller Leonard Lansink und sein Kollege Heinrich Schafmeister in Neil Simons Theaterstück „Oscar und Felix“, das am 29. und 30. November in Schweinfurt zu sehen ist (beide Vorstellungen sind bereits ausverkauft). Im Interview spricht Schafmeister über Männerfreundschaft, das Leben in Wohngemeinschaften und die Lebensphilosophie im Ruhrpott.

    Frage: Sie spielen in der Neuauflage des Broadway-Hits „Ein seltsames Paar“ mit Leonard Lansink, den Sie schon aus der „Wilsberg“-Reihe kennen, eine Männer-WG. Sind Sie beide ein seltsames Paar?

    Heinrich Schafmeister: Ob wir ein seltsames Paar sind? Hm, nee. Wir sind auf jeden Fall gut befreundet. Wir wohnen nicht zusammen, vielleicht hat das die Freundschaft erhalten. Wir kennen uns schon seit den 70er Jahren, als noch keiner wusste, dass wir mal Schauspieler werden wollten.

    Wo haben Sie sich denn kennengelernt?

    Schafmeister: Zufällig. Wir sind beide in Essen aufgewachsen, dann hing man damals in irgendwelchen Pinten rum, ohne dass man so recht wusste, was aus einem wird. Wir haben beide die Schauspielschule gemacht und sind uns arbeitsmäßig begegnet, und wir haben jahrelang im „Wilsberg“ gespielt. Seitdem sind wir befreundet.

    Macht es das einfacher, zusammenzuspielen?

    Schafmeister: Auf jeden Fall. Gerade bei einer Tournee. Wenn man von Ort zu Ort fährt, ist das ziemlich anstrengend. Da steigt man jeden Tag in den Bus und spielt in einer Halle, die man nicht kennt. Das macht Spaß, aber man muss auch diszipliniert sein. Da ist es natürlich eine große Hilfe, wenn man befreundet ist. Wenn man nur nebeneinanderherleben würde, wäre es schwieriger.

    Wie kommt es, dass Sie auf der Bühne und vor der Kamera so gut harmonieren?

    Schafmeister: Es geht ja im Stück – wie übrigens damals bei „Wilsberg“ – nicht um eine Freundschaft, sondern im Grunde um ein Ehepaar. Und da ist es wie bei allen Ehepaaren: Dass man auf der einen Seite ganz tief eine gleiche Wertvorstellung hat – auch wenn das pathetisch klingt – und auf der anderen Seite grundverschieden ist.

    Inwiefern ist das bei Ihnen beiden so?

    Schafmeister: Wir sind beide Ruhrgebiet-sozialisiert. Dort bekommt man eine bestimmte Lebensphilosophie mit – vom Zusammenhalten und Ballflachhalten – und einen ähnlichen Eitelkeitsfaktor. Der ist im Ruhrgebiet mäßig. Andererseits ist Leonard vom Gemüt her so beschaffen, dass er öfter sagt „Jaaa, mal gucken“, während ich der größere Hibbel bin. Das ist jetzt das Private und heißt nur, dass wir die Voraussetzungen mitbringen, ein seltsames Paar zu spielen. Natürlich sind die Rollen im Stück anders. Da kann mein Part, Felix, gut kochen und räumt alles auf. Im wirklichen Leben kocht Leonard gut.

    Ist er auch so pingelig wie Sie im Stück?

    Schafmeister: Nein, nicht wirklich. Aber ich bin auch nicht so pingelig wie im Stück. Ich bin nicht derjenige, der aufräumt.

    Haben Sie jemals in einer WG gelebt?

    Schafmeister: Sehr lange sogar. Aber nicht WG, ich nenne das Wohngemeinschaft. WG ist immer so eine Nutzgemeinschaft. Das gibt es bei Studenten, die Geld sparen wollen. Ich bin noch ein Jahrgang, 1957, der aus Überzeugung in einer Wohngemeinschaft oder Hauskommune gelebt hat. Und das habe ich sehr lange.

    Was war das Reizvolle daran?

    Schafmeister: Man hat immer ein Zuhause. Man kommt irgendwohin, das ist keine leere Wohnung, sondern es ist Leben in der Bude. Es ist im Grunde genommen wie eine Familie.

    Was ist Ihnen beim Zusammenleben denn wichtig?

    Schafmeister: Es geht immer nur ums Menschliche. Als ich angefangen habe, in Wohngemeinschaften zu leben, haben meine Eltern gesagt: „Um Gottes Willen, was ist denn bei so etwas deins und was ist meins?“ Aber das ist eben so. Wer in eine Wohngemeinschaft zieht und sagt: Das ist dein Platz im Kühlschrank und das ist mein Platz, oder wer beim Telefon Strichlisten macht . . . das kann nicht funktionieren. Es gibt ja auch Paare, die getrennte Haushaltskassen führen, das ist mir völlig unverständlich. Es gibt bestimmte Dinge, da bin ich eigen, und das sind dann meine Sachen, aber bei anderen Sachen ist es mir egal.

    Können Sie sich vorstellen, noch einmal in eine (Männer-)WG zu ziehen?

    Schafmeister: Immer. Es muss keine reine Männer-WG sein. Das muss schon gemischt sein. Reine Geschlechter-WGs sind nicht gut, denn das Leben ist ja auch nicht so. Reine Frauen-WGs sind übrigens noch schlimmer. Ich habe früher in einem Krankenhaus gearbeitet, wo sonst nur Frauen waren. Es tut mir leid, aber das war fürchterlich. Ich wurde nicht angefeindet, ich war der Hahn im Korb. Aber wie die übereinander herzogen! Da haben Frauen eine ganz andere Kommunikation miteinander. Das ist bei Männern einfacher.

    Wie läuft das denn bei Männern in einer WG, wenn einem was nicht passt?

    Schafmeister: Frauen bringen eine größere Intriganzfähigkeit mit sich, da läuft das um ein paar Ecken. Das können Männer nicht, da sind die stumpfer. Da wird das irgendwie mal rausgeballert, und dann ist das vorbei. Das macht es einfacher.

    Sie spielen oft in Komödien. Über das Genre heißt es oft, es sei am schwierigsten zu spielen . . .

    Schafmeister: Ja, das ist so. Das ist die absolute Meisterschaft, das Schwierigste überhaupt. Weil eine Komödie ein Drama mit Timing ist. Das Timing ist alles, und der Erfolg ist absolut messbar: Lachen die Leute oder nicht? Eine Komödie ist auch körperlich anstrengender, so eine Art Seelen-Squash: Sie müssen voll in eine Ecke rennen, abbremsen und dann diametral entgegengesetzt laufen. Das ist Komödie spielen. Es gibt keine weichen Übergänge, nur harte, Ecken und Kanten. Vom Lachen ins Weinen, zack, zack! Total lachen – und zack! Sauer sein.

    Ist es Zufall, dass Sie häufig an Komödien geraten, oder eine bewusste Entscheidung?

    Schafmeister: Erstens ist es die größte Herausforderung. Aber es ist auch so: Jetzt ist Winter, wir fahren durch die Gegend, es ist grau. Da will man den Leuten nicht so ein Betroffenheitszeug bieten. Das wäre ja grausam. Ich freue mich, wenn ich die Leute bewegen und aufheitern kann. Das finde ich klasse.

    Sie haben lange in den „Wilsberg“-Krimis gespielt. 2012 kamen Sie für eine Folge zurück. War das eine einmalige Angelegenheit?

    Schafmeister: Ich bin damals rausgegangen, weil der Sender den „Wilsberg“ total ändern wollte – was aber nicht passiert ist, weil viele Zuschauer gesagt haben: Das wollen wir nicht. Jetzt hatten sie gefragt, ob ich bereit wäre, für einen „Wilsberg“ zurückzukommen. Meine Frau hat sofort gesagt: Nee, das machen wir nicht. Weil es damals für mich nicht leicht war, auszusteigen. Es war nicht nur die Trennung von irgendeiner Sache, die ich gemacht habe, sondern erstens von Kollegen, mit denen ich sehr gerne zusammengearbeitet habe. Und zweitens war es auch eine Sache, die ich aus voller Überzeugung gemacht habe. Für eine Folge bin ich gern zurückgekommen. Aber manche Sachen werden nicht dadurch besser, dass man sie dauernd wiederholt. Es ist schöner, alle erinnern sich mit Freude zurück, als wenn es weitergegangen wäre und wir es runtergerockt hätten.

    Heinrich Schafmeister

    Der Schauspieler und Sänger, geboren 1957 in Essen, studierte von 1980 bis 1984 an der renommierten Schauspielschule Folkwang in Essen. Einem breiten Publikum wurde er durch den Film „Comedian Harmonists“ bekannt, in dem er einen der Sänger spielte. Zwischen 1994 und 2004 war er in 14 Folgen der ZDF-Krimireihe „Wilsberg“ an der Seite seines Freundes Leonard Lansink zu sehen. Schafmeister ist nebenher in der Schauspielergewerkschaft tätig: „Wir schließen demnächst einen Tarifvertrag ab, den ersten für Schauspieler überhaupt. Wir sind der größte Berufsverband innerhalb der Filmbranche, mit 2270 Schauspielern. Das sind mehr als die Hälfte aller, die drehen. Das ist spannend, etwas, das bleibt, wenn man irgendwann mal weg ist. Aber es ist auch ein Fulltime-Job.“

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