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WÜRZBURG: Im Mainfranken Theater: Jochen Malmsheimer als Wortschatzmeister

WÜRZBURG

Im Mainfranken Theater: Jochen Malmsheimer als Wortschatzmeister

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    Sprachkünstler auf höchstem Niveau: Jochen Malmsheimer bei seinem Auftritt im Würzburger Mainfranken Theater.
    Sprachkünstler auf höchstem Niveau: Jochen Malmsheimer bei seinem Auftritt im Würzburger Mainfranken Theater. Foto: Foto: Theresa Müller

    Was ist denn das für ein Programmtitel? „Ermpftschnuggn tröda! Hinter dem Staunen lauert die Frappanz“ – da kann man lange nachgrübeln oder sich mit einem verwirrten Hä? von dem Versuch einer geistigen Durchdringung abwenden. „Mir sagt das auch nichts!“, gesteht der Urheber dieses buchstäblichen Sprachgewirrs lächelnd und tummelt sich im ausverkauften Würzburger Mainfranken Theater fast zwei Stunden auf der Spielwiese seiner Muttersprache, in der er „nur zur Miete wohnt, aber nicht zu Hause ist“.

    Diese Untertreibung führt Jochen Malmsheimer mit einem furiosen Sprachgewitter, das gespickt ist von blitzenden Wortideen und donnernden Wortkaskaden, ad absurdum. Der 52-jährige Kabarettist, als Hausmeister in Priols „Anstalt“ fernsehbekannt, kitzelt die Sprache und die Lachnerven. Sein Publikum neckt er – Gute Nachricht: Die Deutschen sterben aus. Schlechte Nachricht: Aber nicht gleich – und geht die Herren in der ersten Reihe, die „Heimsuchung jeden Künstlers“, forsch an. Er wittert dort eine „magengeschwürige Stimmungsmisere“ und „raunzlauniges Rumpesten“.

    An die Damen gewandt kalauert der Kabarettist: „Bei dem Programm schläft einem der Arsch schon mal ein – oder wie Sie ihren Gatten nennen!“ Die artgerechte Haltung des Nachwuchses gibt ihm Rätsel auf: „Lässt man Kinder zu früh los, fallen sie vom Wickeltisch, tut man’s zu spät, bleiben sie bis zum Rentenalter!“

    Er psalmodiert eine von spontanem Beifall begleitete Ode an die Hose, die er beschwört und anklagt, auch wegen des Versagens, „uns ärschlings zu bedecken“. In ähnlicher Theatralik haut er das Fernsehen in die Pfanne („steindumm und brunzbanal“) und beschwört die kuscheligen Zeiten herauf, als Grzimek die Tier- und Helmut Pfleger die Schachwelt „ehrlich und substanziell“ im Flimmerkasten erklärten.

    Bekämpfer der Wortfäule

    In gefälliger Selbstironie bescheinigt er sich eine erfrischende Kenntnisfreiheit bezüglich der Muttersprache, von der er „keine Kenne, Wisse und Verstehe, nur wenigstens eine leise Ahne“ besitze. „Wo aber wohnt Deutsch?“, fragt sich der Sprachwandler und wird in (ausgerechnet!) Mannheim fündig. Dort hausen neben den mit „Naidoorose“ geschlagenen Söhnen die Silbenpfleger, Bekämpfer der Wortfäule und Grammatografen – gemeint ist wohl das „Institut für Deutsche Sprache“. Dort schleicht er sich nächtens ein und wird zum Zeugen eines packenden Disputs der auf Karteikarten gefangenen Wortarten.

    In dem atemlosen Gefecht verteidigt „Flurwoche“ ihre fragwürdige Historie, und „chillen“ streitet um die fällige Eindeutschung. Malms- heimer brilliert als exaltierter Wortschatzmeister und humoriger Silbenpfleger – ein Sprachkünstler auf hohem Niveau.

    In der mit vehementem Applaus geforderten „Nachreichung, die den Abend eliptisch rundet“, entlässt er die Zuschauer mit „finaler Charmanz: Auf dass der Wind in eurem Rücken nie der eigene sei!“

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