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BAD MERGENTHEIM: In Bad Mergentheim: Xavier Naidoo wird von Dr. Ton zum Soul-Man

BAD MERGENTHEIM

In Bad Mergentheim: Xavier Naidoo wird von Dr. Ton zum Soul-Man

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    Smarter Gastgeber: Xavier Naidoo bei seinem Konzert in Bad Mergentheim.
    Smarter Gastgeber: Xavier Naidoo bei seinem Konzert in Bad Mergentheim. Foto: Foto: Theresa Müller

    Atemlose Ruhe. Der intensivste Moment dieses großen Open-Air-Konzerts ist der von absoluter Stille. Als Xavier Naidoo zur ersten Zugabe zurück auf die Bühne kommt, bittet er sein Publikum um etwas Ungewöhnliches: um Ruhe. Dann singt er – nur begleitet von Alex Auer an der akustischen Gitarre – „Amoi seg’ ma uns wieder“, die sehr persönliche Ballade des österreichischen Er-Volks-Rockers Andreas Gabalier, den Naidoo einen „neuen Freund“ nennt. Und im Schlosshof von Bad Mergentheim ist es tatsächlich mucksmäuschenstill.

    Vorher hatte das ganz anders ausgesehen. Schon der erste Song, „Bei meiner Seele“ vom gleichnamigen aktuellen Album, wird frenetisch begrüßt – und das, obwohl kurz vor halb neun, als Naidoo die opulente Bühne betritt, ein paar Tropfen vom Himmel fallen. Egal. Die 9600 im ausverkauften Schlosshof machen von Anfang an klar, dass sie einen schönen Abend haben wollen – und den kriegen sie.

    Textsichere und lautstarke Fans

    Lässig mixt Naidoo in den 100 Minuten des regulären Sets neue Songs mit seinen Hits aus den vergangenen 16 Jahren. Nur bei harten, experimentellen Nummern wie „Tanzsport“ wirkt das Publikum ein wenig ratlos. Doch bei Naidoo-Klassikern wie „20 000 Meilen“ oder „Was wir alleine nicht schaffen“ singen die Fans textsicher und lautstark mit.

    Seinen nicht wenigen Kritikern zum Trotz: Xavier Naidoo zählt zu den erfolgreichsten deutschen Musikern. In seiner bemerkenswerten Solokarriere hat sich der gebürtige Mannheimer gewandelt. Aus dem hitzigen Deutsch-Rapper von einst ist Dr. Ton geworden, wie ihn seine Juroren-Kollegen wegen seiner peniblen Analysen bei der TV-Casting-Show „The Voice of Germany“ nannten, wo er zwei Staffeln lang als einer von vier Promi-Coaches Nachwuchstalente unter seine Fittiche nahm. Doch mit der in diesem Frühjahr erstmals ausgestrahlten TV-Show „Sing meinen Song“ – an der auch Gabalier teilnahm – hat der 42-Jährige nun offenbar seine Rolle gefunden: die des smarten Gastgebers. Und so erzählt er dem Publikum in Bad Mergentheim, dass er heute in „zwei Stunden und 15 Minuten“ von Mannheim hergefahren sei – und das, ohne die Autobahn zu benutzen: „Ich bin einfach bei mir in den Odenwald rein und hier wieder raus.“ Dann schwärmt er von der schönen Gegend, preist die Romantische Straße. Und fragt schließlich eine Einheimische namens Steffi („Hallo, Steffi, ich bin der Xaver“), was man in Bad Mergentheim denn als Gast unbedingt machen müsse. Der Tipp – die Deutschherrentorte im Schlossgarten-Café probieren – gefällt ihm, „Steffi, da bin ich dabei.“ Dann geht’s wieder zu Sache.

    Die auf CD bisweilen etwas klinisch klingenden Songs kommen live mit deutlich mehr Druck daher. Das liegt am vom ersten Ton an superben Sound – und der exquisiten Vier-Mann-Band um Drummer und Musical Director Ralf Gustke. Aber auch am Meister selbst, der auf der Bühne vom coolen Dr. Ton zum tanzenden Soul-Man wird. Ja, Xavier Naidoo – in hellen Shorts, schwarzem T-Shirt, Karo-Kapuzenjacke und natürlich mit Sonnenbrille und Kappe – hat an diesem Abend sichtlich Spaß.

    Der Hof wird zu Fanmeile

    Selbst die Optik der Show stimmt. Der Bühnenhintergrund ist eine einzige große Projektionsfläche, die – mal mit Live-Aufnahmen von Naidoo und seiner Band, mal mit perfekt getimten Zuspielfilmen – die Musik geschmackvoll bebildert.

    Kurz vor dem obligatorischen Zugabeblock kommt Naidoos wohl größter Hit: Mit „Dieser Weg“, dem Song zum Sommermärchen der Fußball-WM 2006 in Deutschland, feiern die fast 10 000 den Weltmeisterschaftstitel (Naidoo: „Jetzt hamma’s gschafft!“) – und verwandeln den Hof des altehrwürdigen Deutschordensschlosses in eine Fanmeile.

    Einer der letzten Songs der Zugabe ist dann das hymnische „Alles kann besser werden“. Nein, lieber Xavier Naidoo, viel besser kann es wohl nicht mehr werden, das war ein nahezu perfektes Konzert. Die Zaungäste in den Eis-Cafés vor dem Schloss sehen es den selig lächelnden Fans an: Ja, der „Xaver“, der kann wieder kommen.

    Amoi seg’ ma uns wieder. Vielleicht ja in Bad Mergentheim.

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