Als Kind hat er „die Gemündener Stadtbibliothek leergelesen“. Später waren Bücher für ihn „eine Möglichkeit, in eine andere Welt abzutauchen“. Inzwischen schreibt Gerasimos Bekas selbst. Am 22. November erscheint sein Romandebüt „Alle Guten waren tot“ beim renommierten Rowohlt-Verlag. Und am 4. April 2019 wird im Würzburger Mainfranken Theater sein Stück „Sisyphos auf Silvaner“ uraufgeführt.
Es läuft gut für den 31-jährigen, aber ihm ist auch klar: „Du weißt nie, wie lange das anhält.“ Was ihn derzeit aber nicht sonderlich zu beunruhigen scheint. Für ihn zählt: „Schreiben ist das, womit ich gerne meine Zeit verbringen möchte.“ Zur Grundsicherung trägt auch das Leonhard-Frank-Stipendium des Mainfranken Theaters bei, das ein Jahr lang monatlich 500 Euro aufs Autoren-Konto spült – dank der Unterstützung von Theaterförderverein und dessen „Rosenkavalieren“.
Als Stipendiat ist der Wahl-Berliner immer wieder am Theater präsent, zuletzt beim „Writers Club“, einem Forum für zeitgenössische Dramatik. Als Höhepunkt gibt es „Sisyphos auf Silvaner“.
In der Würzburger Straßenbahn
Das Stück sei noch in der Entwicklung, sei „Work in Progress“, erzählt Bekas. Der Autor, der – nach dem Zivildienst in der Psychiatrie in Lohr – in Würzburg und Bamberg Politikwissenschaft studierte, werkelt seit zwölf Jahren an „Sisyphos“. Das Stück begleitet Menschen auf einer Fahrt mit der Würzburger Straßenbahn und fragt, „für wen die Stadt Heimat ist und wem sie sich entzieht“ schreibt das Theater.
Fremdenfeindlichkeit, Ausgeschlossensein, Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit: Es sind Themen, die Bekas beschäftigen. Am Gemündener Friedrich-List-Gymnasium gehörte der Spross einer Arbeiterfamilie zu den Schülern, die sich für die Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ engagierten. Und im Zentrum seines Romans steht der junge Grieche Aris, der von einer Würzburger Familie adoptiert wurde – „als Versuch der Wiedergutmachung für die Nazi-Vergangenheit“.
Gerasimos Bekas hat sich diese Themen nicht ausgesucht. Sie sind in sein Leben eingedrungen („Ich weiß nicht, ob ich eine Wahl hatte“). „Wenn ich als Jugendlicher in eine verdachtsunabhängige Personenkontrolle gerate und das Gefühl habe: Es gibt keinen Grund, warum ausgerechnet ich meinen Ausweis zeigen muss“, dann sei das so eine Situation, die er aufarbeiten müsse, erzählt der Sohn eines griechischen Vaters und einer deutschen Mutter.
Die Frage nach dem Warum
Derlei Erlebnisse und Beobachtungen hätten ihn von klein auf beschäftigt. „Woran liegt das?“ habe er immer wieder gefragt. Er thematisiere es in seiner literarischen Arbeit. Das sei gerade jetzt wichtig. Denn seit ein paar Jahren zeige sich, „dass die optimistische Vorstellung, dass wir als Gesellschaft massiv klüger sind als die Gesellschaften vorher, dass wir als Erste auf der Welt die Lehren aus der Geschichte gezogen haben, immer mehr zu einer Utopie wird“.
Kann man da mit Theater etwas dagegen machen? „Das wäre schön. Ich glaube aber nicht, dass das funktioniert“, sagt Bekas. Weil man mit Theater eben nur die erreiche, die ins Theater gehen, „und das sind selten die Leute, die im Zweifelsfall menschenverachtenden Ideologien hinterherlaufen“. Sinnvoll sei seine Arbeit, sei Theater dennoch. Die Bühne könne mit ungewohnten Situationen konfrontieren und so anregen, Dinge zu hinterfragen.
Der Zuschauer soll auch unterhalten werden
Darauf arbeite er mit seinen Stücken hin. Was nicht bedeute, dass es auf der Bühne schulmeisterhaft-ernst zugehe: „Die Zuschauer sollen schon unterhalten werden, sie sollen auch lachen können. Aber es gibt dann schon Situationen, wo man sozusagen gekitzelt wird, bis es wehtut. Wo man erst einmal verunsichert ist.“ Diese Verunsicherung sei „das Eigentliche, was Theater leisten kann“, glaubt der Autor, der auch als Schauspieler Erfahrung hat (am Anfang stand die Würzburger Werkstattbühne).
Wer verunsichert ist, beginnt vielleicht, das eigene verkrustete Weltbild anzuzweifeln. Das schadet nie.