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WÜRZBURG: Mainfranken Theater: Schneider geht schon zum Jahresende

WÜRZBURG

Mainfranken Theater: Schneider geht schon zum Jahresende

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    Abschied: Hermann Schneider verlässt das Mainfranken Theater schon zum Jahresende. In Linz dreht er künftig etwas größere Räder.
    Abschied: Hermann Schneider verlässt das Mainfranken Theater schon zum Jahresende. In Linz dreht er künftig etwas größere Räder. Foto: Foto: DANIEL PETER

    Im Büro hat er schon aufgeräumt, die privaten Dinge aus dem Regal geholt. In den Wandschränken stehen nur noch die vielen, vielen Ordner mit allen möglichen gescheiterten, verworfenen, umsetzbaren Plänen zur Sanierung des Hauses. Freitagnachmittag am Mainfranken Theater, im Zimmer des Intendanten. Treffen mit Hermann Schneider – zum Abschiedsgespräch. Für ihn fällt in Würzburg der Vorhang.

    Seit 2004 führt der gebürtige Kölner am Dreispartenhaus die künstlerischen Geschicke, versuchte mit einem 16-Millionen-Euro-Etat und 250 Mitarbeitern einen Spielplan zu machen, der unterhielt wie zumutete. Vor einem Jahr rief ihn Linz. Die Champions League. Ein Landestheater mit Spielstätten in vier Häusern, rund 600 Mitarbeitern und einem Etat von rund 39 Millionen Euro. Im Oktober 2014 hatte sich der Aufsichtsrat der Linzer Theater und Orchester GmbH einstimmig für Schneider entschieden. Der informierte in Würzburg die Stadt – und bat um vorzeitige Auflösung seines bis 2017 laufenden Vertrags.

    Bis zum Sommer 2016, bis zum Ende der laufenden Spielzeit, wollte der 53-Jährige eigentlich bleiben. Doch die Ära Schneider endet zum 31. Dezember 2015. Vorzeitiges Ende? Ein Tschüss mitten im Theaterjahr? Beim Abschiedsgespräch im Intendantenbüro lehnt sich Schneider zurück und streicht sich die Haare aus der Stirn. Er spricht von Bedauern, „mein Theater mitten in der Spielzeit zu verlassen“. Er sagt, er habe gehadert. Er sagt: „Es ist nicht meine Natur, beleidigte Leberwurst zu spielen.“ Und deutet im nächsten Satz eine „Verletzung“ an. Eine halbe Spielzeit ohne Intendanz? „Ein Moment, das mich ärgert.“ Schneider spricht von „Ausnahmesituation ohne Not, künstlich herbeigeführt“. Es sei nicht sein Wunsch gewesen – „es ist aber so“.

    Von Seiten der Stadt klingt es so: Im Vorfeld der Nachfolgersuche wurde im Frühjahr dieses Jahres mit dem Theaterintendanten ein Auflösungsvertrag geschlossen – zum 31. Dezember 2015 und „in gegenseitigem Einvernehmen“.

    Also hat Hermann Schneider aufgeräumt – und geht. Nächste Woche wird er noch ein, zwei Tage in dem Haus sein, wo er elf Jahre lang Dramen, Tragödien und Komödien verantworte. Dann hat er Termine in Linz, wo er schon eine Wohnung hat, gerade das Ensemble erneuert und die nächste Spielzeit vorbereitet. Und im Dezember dann ist er in Nizza, wo er am Opernhaus Gastregie führt und Brittens „Death in Venice“ inszeniert.

    In Würzburg wird in den nächsten Monaten der kaufmännische Geschäftsführer, Dirk Terwey, das große Ganze leiten. „Ich habe großes Vertrauen, er macht einen guten Job“, sagt – mitten im Absprung – Hermann Schneider. Und es gebe ja die Spartenleiter Anna Vita, Enrico Calesso und Stephan Suschke, die in der laufenden Spielzeit nun eben noch etwas mehr in der Verantwortung stehen. Auch Markus Trabusch, der designierte Intendant, ist schon regelmäßig im Haus und plant.

    Schneiders Vorstellung in Würzburg ist aus – und er geht vor allem dankbar. Dankbar für „beglückende Begegnungen“, für „wichtige und schöne Jahre“, für die „stoische Treue“, mit der die Rosenkavaliere und andere Theaterfreunde das Haus unterstützten. Für „den großartigen Einsatz“, mit dem sich Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kulturreferent Muchtar Al Ghusain für die Sanierung stark gemacht hätten. Dass man in Würzburg (wieder) an das Theater und seine Zukunft glaube, dass man Vertrauen in das Haus habe, das habe auch damit zu tun „was wir in den vergangenen Jahren hier gemacht haben“.

    Ein schneller Blick zurück? Er sei als Art „Nachlassverwalter“ anno 2004 in Würzburg angetreten, sagt Schneider. Mit der Hypothek, einen Schließungsbeschluss umsetzen zu müssen und doch eigentlich alle drei Sparten erhalten zu wollen. Der Beschluss blieb in der Schublade – weil sich das Theater wirtschaftlich gesundschrumpfte und gleichzeitig die künstlerische Weiterentwicklung gelang.

    „Konsolidierung und Öffnung“ – das sind die beiden Schlagworte, mit denen Schneider selbst seine Amtszeit überschreiben würde. Er habe versucht, das Publikum nicht nur zu unterhalten, sondern ihm auch etwas zuzumuten. Habe versucht, es nicht nur konsumieren, sondern auch teilhaben zu lassen. So wie im Bürgerchor. Sein Fazit: gelungen.

    Und die zig Stunden und Tage, die Dutzende Gespräche, Sitzungen und jahrelangen Debatten im Baureferat in Sachen Theatersanierung? Hätte der Intendant, der ungezählte Pläne in den Aktenordnern im Schrank stehen hat, die Umsetzung nicht gerne selbst verwirklicht, erlebt, begleitet?

    Schon, sagt Schneider. Aber er wird ja sanieren, ein Schauspielhaus erneuern. In Linz führt er künftig nicht nur eines der modernsten und architektonisch spannendsten Opernhäuser Europas. Er muss auch einen alten Theaterbau renovieren lassen: das ehemalige Große Haus aus dem Jahr 1803. Die Würzburger Jahre der Sanierungsdebatten und Planungen seien nicht umsonst gewesen, lächelt Schneider: „Was ich hier vom Baureferenten und von Architekten gelernt habe, kommt mir in Linz zugute.“

    Vorfreude also. Auch auf das österreichische Publikum, das geradezu „theaterversessen“ sei. Den etwas reservierteren, zurückhaltenderen Würzburgern hinterlässt Schneider eine Botschaft: „Kommt ins Theater! Es ist die klügste Art, eigene Steuergelder wiederzusehen.“

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