Zunächst deutete nicht viel darauf hin, dass Doyle als geistiger Vater des bekanntesten Detektivs der Welt in die Literaturgeschichte eingehen würde. Er kam als Sohn eines alkoholkranken Künstlers in Edinburgh auf die Welt. Doyle besuchte die Jesuitenschule in England und in Österreich, bevor er, zurück in der schottischen Hauptstadt, Medizin studierte. Nachdem er als Schiffsarzt auf einem Walfänger gearbeitet hatte, ließ er sich mit einer Praxis in England nieder. Doch die Patienten blieben aus.
Während Doyle auf Kundschaft wartete, begann er zu schreiben. Anregungen für seine Figuren hatte er auch aus seinem Medizinstudium bekommen. Mehr inspiriert als Anatomiekurse hatte ihn allerdings der Schriftsteller Edgar Allan Poe mit seinen Krimigeschichten. Und so schlug 1887 die Geburtsstunde von Sherlock Holmes. Damit niemand bei den Rätselgeschichten auf der Strecke blieb, stellte Doyle dem Detektiv mit der Pfeife und der Deerstalker-Mütze den treuen Begleiter Dr. Watson zur Seite, der mit seinen Fragen auch dem Leser auf die Sprünge half. Das Schema vom genialen Ermittler und eher durchschnittlichen Helfer wurde zum Vorbild für zahlreiche Detektivromane.
Die ersten beiden Holmes-Romane, „Eine Studie in Scharlachrot“ und „Das Zeichen der Vier“, waren noch keine Kassenknüller. Erst die Erzählung „Ein Skandal in Böhmen“ (1891) löste einen weltweiten Rummel aus. Das wurde für Doyle schnell zur Last. Seiner Mutter klagte er, dass Holmes seinen „Geist von besseren Dingen“ abhalte und er den Geige spielenden, snobistischen Privatfahnder am liebsten los wäre. Die Mutter erwiderte: „Du magst das für das Beste halten, aber die Menge wird das nicht leichten Herzens hinnehmen.“ So kam es. 1893 war Doyle an den Reichenbach-Fällen in der Schweiz und bemerkte, dass „dieser furchtbare Ort ein gutes Grab für Sherlock abgeben würde, selbst wenn ich mein Bankkonto mit ihm begraben müsste“. Zwar konnte er Holmes in „Das letzte Problem“ in den Wasserfällen verschwinden lassen. Der literarische Mord aber scheiterte, es blieb beim Versuch: Nach einem Aufschrei des Entsetzens in der Fangemeinde musste er ihn wieder auferstehen lassen.
Der Autor hatte mit seiner ungeliebten Romanfigur wenig gemein: Statt kühl und logisch zu analysieren, glaubte Doyle an Märchen und beschäftigte sich nach dem Tod seiner ersten Frau sowie seines ältesten Sohnes im Ersten Weltkrieg mit Okkultismus. Er stand auch mehreren spiritistischen Organisationen vor. 1930 starb Doyle – zum Ritter geadelt – im Alter von 71 Jahren an einer Herzkrankheit.
Weder seine Schriften über Gespenster noch über den Burenkrieg sind dem allgemeinen Publikum bekannt. Stattdessen herrscht der Sherlock-Holmes-Kult bis heute. Die Detektiv-Geschichten wurden verfilmt und in 50 Sprachen übersetzt.