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VEITSHÖCHHEIM: Söllner und die Kinderseelenmörder

VEITSHÖCHHEIM

Söllner und die Kinderseelenmörder

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    Hans Söllner.
    Hans Söllner. Foto: FOTO HS

    Der Mann ist am Heiligen Abend 1955 geboren, 1993 aus der Katholischen Kirche ausgetreten – trotzdem singt er in den vollbesetzten Mainfrankensälen in Veitshöchheim „Hey, lieber Gott, I muss Di heut amol a bissl lobn, Di preisn und Dankschö sogn zu Dir“. Schon darin kommt das Widersprüchliche an dem bayerischen Liedermacher Hans Söllner zum Vorschein. Seit einem Jamaika-Aufenthalt 1986 spielt er die meisten seiner Lieder im Reggae-Rhythmus und setzt sich für die Freigabe von Marihuana ein. Bei „A boarischer Krautmo“ oder „Edeltraut, ja Edeltraut, Du host a sauguats Gros a'baut“ wird natürlich mitgeklatscht und mitgegrölt.

    Der Bad Reichenhaller, der zwei Lehren als Koch und Kfz-Mechaniker abgeschlossen hat, hat früher mit der sprachlichen Keule auf alles eingedroschen, was irgendwie mit Staat, Polizei, Kirche, Politik zu tun hatte, weswegen er ziemlich verfolgt worden ist von den Behörden. Zusammengerechnet soll Söllner zu 150 000 Euro Geldstrafe verurteilt worden sein. In Liedern wie „Hey Staat“ oder „A Drecksau bleibt a Drecksau“ kommt die aufgestaute Wut darüber zum Vorschein. Auch hier der Widerspruch: Bitterböse Texte zu schönen, eingängigen Melodien, für die in Veitshöchheim neben Söllners Akustik-Gitarre nur noch die Bass-Gitarre des Augsburgers Denis Riegger zuständig ist.

    Seit seine vier Kinder in die Schule gehen, hat der Mann mit den langen Haaren eine neue Zielgruppe entdeckt: die Lehrer. „Kinderseelenmörder“ nennt er sie, und erzählt eine Geschichte, wie sich ein Elfjähriger vor der Schule aufgehängt hat, und er erzählt von „einem so genannten Pädagogen“, der sich darüber beschwert, dass einer seiner Söhne „nicht funktioniert“, wie es im Lehrplan vorgeschrieben ist. Der Sohn hat einen bunten Schneemann gebastelt und keinen weißen.

    Für Polizei und Gerichte hat Söllner nur noch Hohn und Spott übrig, und er empfiehlt, zur Vorbeugung schon mal ein Blatt Papier mit den persönlichen Angaben zur nächsten Dienststelle zu bringen. Aber er wirbt auch für Toleranz und Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Liebe, und er hofft darauf, dass irgendwann einmal die „Rennbahn-Gesellschaft“ mit den Langsameren Mitleid hat. Nach 145 Minuten ohne Pause gibt er seinen vielen Fans noch mit auf den Weg: „I mach mir Sorg'n um Di“. Zehn Minuten lang wird mitgebrüllt.

    Am 13. März spielt Söllner mit seiner Begleitband Bayaman Sissdem im Colos-Saal in Aschaffenburg. Karten unter Tel. (0 60 21) 2 72 39.

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