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SOMMERHAUSEN: Torturmtheater Sommerhausen: Der Veit-Relin-Faktor allein reicht nicht

SOMMERHAUSEN

Torturmtheater Sommerhausen: Der Veit-Relin-Faktor allein reicht nicht

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    Angelika Relin
    Angelika Relin Foto: Foto: hele

    In Schwarz gekleidet sitzt Angelika Relin auf dem großen dunkelroten Sofa im Foyer. Ihre zweite Spielzeit als Leiterin des Sommerhäuser Torturmtheaters neigt sich dem Ende zu. Es ist die erste, die sie von Grund auf alleine planen musste. Der Betrieb läuft. Sie kann auf einen Stamm von Regisseuren und Schauspielern vertrauen, Stammpublikum füllt die Reihen, sogar immer mehr junge Leute kommen. Angelika Relin hat eigentlich keinen Grund zu klagen.

    Sie klagt auch nicht. Richtig glücklich wirkt die 58-Jährige aber auch nicht. Sie ist ja nicht völlig freiwillig Leiterin des Theaters im über 500 Jahre alten Torturm geworden. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser und ich hate keine Zeit zum Luftholen“, erinnert sie sich. Der Sprung wurde nötig, als Veit Relin, der das Torturmtheater über dreieinhalb Jahrzehnte geprägt hat, im Januar 2013 starb. Ihr Mann habe es gewollt, die Gemeinde Sommerhausen, Eigentürmerin des Torturms, habe es gewollt: Also übernahm Angelika Relin die Leitung der Bühne. „Sie wird im Sinne von Veit Relin weitergeführt“, hatte sie damals versprochen. Das gilt auch noch heute.

    Anders ginge das gar nicht. Veit Relin ist allgegenwärtig im Torturm. Bis unter die (hohe) Decke des Foyers hängen Bilder, die er gemalt hat. An den Wänden des engen Vorraums, in dem sich die Kasse und eine kleine Bar drängen, reihen sich Relin-Werke aneinander. Der Maler und Theatermann hat sich in seinem Theater zeitlebens selbst inszeniert und zelebriert – mit einer Präsenz, die über seinen Tod hinaus wirkt. „Hier lebt er noch“, sagt Angelika Relin, und man glaubt fast, es zu spüren.

    Behutsame Renovierung

    Die – notwendige – Renovierung war so behutsam, dass ein Besucher die Veränderungen gar nicht bewusst wahrnimmt. „Wir sind frischer geworden“, findet Angelika Relin. Aber das einzigartige Ambiente hat unter Verputzern und Anstreichern nicht gelitten.

    Die Räumlichkeit macht den Kultfaktor aus, den das Theaterchen vor den Toren Würzburgs über die Region hinaus genießt. Der Kultfaktor ist wichtig für ein Haus in der Provinz, das gerade mal 50 Zuschauern Platz bietet. „Aber Kult allein reicht nicht“, sagt Angelika Relin. „Sie müssen auch gutes Theater bieten. Sonst kommen die Leute nicht wieder.“ Gutes Theater zu machen, ist im Torturm eine besondere Herausforderung. „Auf dieser Bühne kannst du nicht lügen“, bringt es Angelika Relin auf den Punkt. Das Geschehen spielt sich zum Anfassen nahe vor den Zuschauern ab. Da muss noch jedes Zucken der Mundwinkel sitzen . . .

    Das Ambiente im Torturm macht es Angelika Relin aber nicht einfacher. Die Trauer über den Verlust des 30 Jahre älteren Mannes ist ihr noch immer anzumerken. Jahrzehntelang hat sie an der Seite von Veit Relin gelebt und gearbeitet – das eine war oft gar nicht vom anderen zu trennen. „Ich hab mich schon auch hinter dem Veit versteckt“, sagt sie. Und jetzt? „Wenn du allein bist und nach was fragst, musst du's selber beantworten.“

    Die eigenen Grenzen

    Angelika Relin, die Obernbreiterin, die einst Grafik studierte – was nicht wirklich zu ihr passte, glaubt sie –, hat genug Theater gemacht, um der Aufgabe gewachsen zu sein. Ein halbes Leben lang ist sie im Torturm-Team. Zudem hat sie bei einem Vollprofi gelernt. Dennoch: „Es war oft ein zögerliches Tasten“, denkt sie an die erste Zeit als alleinige Chefin zurück. Stücke aussuchen, die auf der 35-Quadratmeter-Bühne spielbar und „am Puls der Zeit“ sind, dazu die passenden Besetzungen und Regisseure finden, Bühnenbild, Kostüme, Werbung: All das konzentrierte sich plötzlich auf sie allein.

    Am Ende ihrer zweiten Spielzeit hat sie Sicherheit gewonnen. „Ich weiß, was ich kann“ sagt sie. Was selbstbewusst klingt, ist auch das Anerkennen eigener Grenzen, ist die Klugheit, zu wissen, was sie nicht kann. „Der Veit war ein altes Theaterpferd. Dem konnte keiner was vormachen.“ Wenn's bei einer Probe mal hakte, „dann hat er sich hingestellt und gezeigt, wie's geht.“ Das hat sie nicht drauf, also versucht sie's gar nicht erst.

    Angelika Relin ist viel vor Ort in – jetzt – ihrem Theater. Plaudert mit dem Publikum, das, so sagt sie, sogar aus dem Ausland anreist, kümmert sich um den Kartenverkauf per E-Mail. „Manchmal ist man da auch ein bisschen Seelsorger.“ Natürlich will sie weitermachen. Allen – auch inneren – Hürden zum Trotz. Schließlich geht es um das, wie sie sagt, „schönste Theater der Welt“.

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