Seit Reformator Martin Luther heißt es „Schuckel-Fest“. Eigentlich relativ selten schon im März, meist im eigentlichen Ostermonat April, kann das wichtigste christliche Hochfest um 35 Tage, zwischen dem 22. März und dem 25. April, hin- und herschaukeln – und andere „unruhige“ Feste des Kirchenjahres gleich mit, wie Pfingsten (der 50. Tag nach Ostern). In diesem Jahr, 2011, lässt sich der Osterhase wieder einmal sehr viel Zeit. Er bummelt bis kurz vor Toresschluss: Ostersonntag ist erst am 24. April. Ursache für das ständige „Schuckeln“: der Mond, poetisch „Frau Luna“ genannt, und die Kirchenväter von Nikaia in Kleinasien, unweit von Konstantinopel.
Als dünne Sichel oder als runde Silberscheibe erscheint er am nächtlichen Firmament, im steten Wechsel zwischen Diät und Völlerei. Seine himmlische Periode, der Synodische Mondmonat, das errechneten schon die antiken Astronomen, dauert exakt 29 Tage, zwölf Stunden, 44 Minuten und drei Sekunden. Weil das periodische Zu- und Abnehmen des Erdtrabanten gut zu beobachten war, ließen die alten Völker ihre Kalender zumeist „nach dem Mond gehen“. Heute pflegen noch strenggläubige islamische Staaten wie Saudi-Arabien in reiner Form diesen Brauch.
Sonnenjahr der ägyptischen Pharaonen
Unsere Monate hingegen haben nur noch ihrem Sammelnamen nach mit dem Mond zu schaffen. Sie sind, seit General Gaius Julius Caesar im Jahr 46 vor Christus das pure Sonnenjahr der ägyptischen Pharaonen nach Rom entführte und seinen Julianischen Kalender begründete, ein rein rechnerisches Kalkül. Und mitsamt der Schaltregel ist es der Versuch, das wahre, aber krumme Tropische Jahr zu 365 Tagen, fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden einigermaßen gleichmäßig in zwölf Teile zu schneiden.
Einzige Ausnahme: das schuckelnde Osterfest. Die Kirchenväter des Konzils von Nikaia bestimmten im Jahre 325 nach Christus die umständliche Regel, „. . . dass Ostern an dem Sonntag zu feiern sei, der auf den ersten (Frühlings)Vollmond nach der Frühjahrs-Tag-und-Nacht-Gleiche folgt“. Die Bischöfe brachten damit das (damals noch Julianische) Sonnenjahr mit dem das Passah-Fest bestimmenden Mondkalender der Juden in Beziehung. Daher geht das wichtigste christliche Hochfest trotz Sonnenkalender weiterhin nach dem Mond.
Fast die gesamte Christenheit ist vereint
In diesem Jahr hält sich Frau Luna dem Lenz sehr fern. Am Montag, 21. März, 0.21 Uhr MEZ, begann mit der Frühjahrs-Tag-und-Nachtgleiche der astronomische Frühling. Der erste Frühlingsvollmond wird uns am Montag, 18. April, um Punkt 3.45 Uhr MEZ (das heißt 4.45 Uhr Sommerzeit) geschenkt. Den Sonntag darauf, am 24. April, wird die „Auferstehung des Herrn“ gefeiert, der Ostersonntag. Zuletzt fiel im Jahre 1859 der Ostersonntag auf dieses Datum. Ein volles Menschenleben, bis ins Jahr 2095, müssten wir uns gedulden, bis der Ostersonntag wieder auf diesen Tag fällt.
Noch eine Ausnahme von der vorherrschenden Regel. In diesem Jahr ist – was selten vorkommt – fast die gesamte Christenheit am Ostersonntag vereint. Denn das christlich-orthodoxe Osterfest einiger Ostkirchen, zum Beispiel der griechischen, der russischen oder der bulgarischen, fällt diesmal in unserem Gregorianischen Kalender gleichfalls auf den 24. April.
Den heftigsten Pendelausschlag nach rechts, das in unserem Kalender am spätesten mögliche Osterdatum – Sonntag, 25. April – gab es zuletzt 1943. Das nächste Mal wird es in 27 Jahren soweit sein, 2038. Das andere Extrem werden wir, die wir derzeit im irdischen Jammertal wandeln, nicht mehr erleben. Das frühestmögliche Osterdatum – 22. März, zuletzt 1818 der Fall – ereilt unsere Nachfahren in 274 Jahren, 2285. Doch halt! Ganz so einfach geht es in unserem Gregorianischen Kalender dann doch nicht zu. Seit dem 6. Jahrhundert nach Christus (später mit Papst Gregors XIII. Kalenderreform von 1582 nochmals verändert) werden die Mondphasen nicht astronomisch bestimmt, sondern zyklisch berechnet. Was in den meisten Fällen jedoch auf ein und dasselbe Ostersonntagsdatum hinausläuft.
Die Gauß'sche Osterformel
„Computus“ nennt sich diese komplizierte Rechenformel im Kalendermacher-Latein. Das aus Braunschweig stammende Mathematik-Genie Carl Friedrich Gauß (1777-1855), weltberühmter Direktor der Göttinger Sternwarte, fasste die Regel in seiner bekannten „Gauß'sche Osterformel“ zusammen. Auch mit ihrer Hilfe errechnet der Computer im Astronomischen Recheninstitut Heidelberg eine Art Grundkalendarium Jahr um Jahr, das allen deutschen Kalenderherstellern als maßgebendes Hilfsmittel empfohlen wird. Vom Ostersonntag, in der Fachzunft „P“ bezeichnet, hängen bekanntlich verschiedene kirchliche Hochfeste ab, wie Himmelfahrt (der 40. Tag nach Ostern, wobei der Ostersonntag mitgezählt wird), Pfingsten (der 50. Tag) und Fronleichnam, ja sogar das närrische Treiben an Fasching. Denn der Aschermittwoch ist nichts anderes als P minus 46. Das heißt: Bis zum Ostersonntag sind es dann 40 Fastentage, wobei die Sonntage fastenfrei sind, also auch nicht mitgezählt werden.
Die christlichen Ostkirchen, beispielsweise die griechische, die russische oder die bulgarisch-orthodoxe Kirche, feiern in den allermeisten Jahren an einem anderen Datum Ostern. In diesem Jahr allerdings kommt es – wie erwähnt – zur Ausnahme. Auch das hängt mit Papst Gregors Reform von 1582 zusammen. Damals ließ der Pontifex zwischen dem 4. und dem 15. Oktober einfach zehn Tage ausfallen. Und der Oberhirte veränderte zudem noch die Oster-Berechnungsregel und die Schaltregel. Was der bis heute noch Julianisch-Orthodoxe Kirchenkalender damals nicht nachvollzog.
Das jüdische Passahfest 2011 hingegen wird in der Nacht auf Dienstag, 19. April, gefeiert.
Die Ostersonntage bis 2021
2012: am 8. April 2013: am 31. März 2014: am 20. April 2015: am 5. April 2016: am 27. März 2017: am 16. April 2018: am 1. April 2019: am 21. April 2020: am 12. April 2021: am 4. April