1984, 1985, 2006, 2012: „Der Muffl – Frühere Verhältnisse“ steht nicht zum ersten Mal auf dem Spielplan der Festspiele in Röttingen. Der Wiener Komödiendichter Johann Nepomuk Nestroy, der seine Kritik an den Zeitumständen in schwankhafte Possen wie diese kleidete, starb vor 150 Jahren, und die vier „Muffl“-Aufführungen gibt's diesmal in modernisierter Aufmachung. Und Nestroy vielleicht zum letzten Mal bei den Festspielen, wie Regisseur Reinwald Kranner, der zugleich in der Hauptrolle zu sehen ist, ins Stück einfließen lässt. Er hat den Einakter unter dem herrschenden „Sparzwang“ zwar mit „Versatzstücken aus 1000 Jahren Röttingen“ versehen und, ganz in der Tradition Nestroys, Musikstücke eingebaut, in denen unterschiedlichste Melodien von Oper bis Musical kombiniert und parodiert werden. Das hat hohes Unterhaltungspotenzial, ist gut zu hören und hübsch anzuschauen, führt aber zu der berechtigten Frage an die Zuschauer: „Können Sie sich noch an das Stück erinnern?“
Nun, das Premierenpublikum im gut gefüllten Hof der Burg Brattenstein konnte, zumal die vier Akteure ihre früheren Verhältnisse ja eingangs gleich vorstellen.
Da ist zum einen Holzhändler Scheitermann (Martin Muliar), ein ehemaliger Hausknecht, was er seiner Gattin, einer „Tochter aus gutem Haus“ mit entsprechend schlechten Nerven, aber wohlweislich verschweigt. Ein bisschen dumm, ein bisschen tollpatschig, aber reich steht er unter dem Pantoffel von Josephine (Rita Nikodim). Auch sie hat keineswegs die Vergangenheit, die sie vorgibt.
Das führt zu Problemen, als sie neue Dienstboten einstellen wollen: Anton Muffl (Kranner) taucht auf, Scheitermanns Pleite gegangener ehemaliger Arbeitgeber, der sich nun seinerseits als Hausknecht durchs Leben schlagen muss und droht, frühere Verhältnisse öffentlich zu machen. Dieser verschlagene Zyniker beherrscht die Szene, grantelt mit charmant wienerischem Akzent, gibt das Ekel und setzt den ihm ausgelieferten Hausherrn gewaltig unter Druck. Aber auch Muffl ist ein Opfer: nämlich der Freundschaft und der Liebe zu einer Schauspielerin. Fern der Bühne heißt sie Peppi Amsel (Renate Kastelik), ist Köchin und sehnt sich nun danach, „glücklicher Dienstbote“ zu werden. Natürlich im Hause Scheitermann, wo sie zu ihrer Freude Josephine wiedererkennt. Da Peppi sich gegenüber Muffl als Dame des Hauses ausgibt, kommt es zu weiteren Verwicklungen. Der (gerade noch regenfreien) über zweistündigen kurzweiligen Aufführung dieses satirischen Stücks um pekuniäre und amouröse Beziehungen zollte das Publikum freundlichen Applaus.
Weitere Aufführungen: „Der Muffl“ wird noch heute, Samstag, 23., und morgen, Sonntag, 24. Juni, gespielt. Karten an der Abendkasse.