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WÜRZBURG: Wenn Max Raabe ohne Mittel am Mittelmeer sitzt

WÜRZBURG

Wenn Max Raabe ohne Mittel am Mittelmeer sitzt

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    Gelackt und gestelzt: Max Raabe in Würzburg.
    Gelackt und gestelzt: Max Raabe in Würzburg. Foto: Foto: Chris Weiss

    Eigentlich ist der Pop-Bariton Max Raabe aus Lünen bei Unna in Westfalen ja ein komischer Kauz. Jede seiner Ansagen erfolgt ohne eine spontane Regung, jede Verbeugung sitzt zentimetergenau wie abgemessen. Dieser Raabe, er tut gelackt und wirkt gestelzt, und seine Konzerte laufen nach einem derart starren, durchkonzipierten Ritual ab, dass sich das Publikum ebenso gut eine CD hätte auflegen können.

    Mit just dieser sterilen Masche hat sich der bald 49-Jährige jedoch ein derart treues Publikum erspielt, dass er ohne großartig sichtbare Werbung zum bestimmt schon sechsten, siebten Male im Würzburger Congress Centrum auftreten konnte – und dieses dabei zum sechsten, siebten Male ausverkauft war.

    Schwer zu sagen, wo die Raabe-Faszination nun herrührt: Vielleicht wird dieser schmächtige Mann mit der manierierten Stimme besonders geschätzt als verlässliche Größe des deutschen Liedguts. Keiner kultiviert das Berlin der zwanziger Jahre detailverliebter, keiner wagt sich niveauvoller an ein Lied wie „Ich wollt ich wär ein Huhn“. Wenn sich Raabe leicht ironisch selbst inszeniert, ist er der personifizierte Nachfolger der Comedian Harmonists. Deren Hits wie „Irgendwo auf der Welt“ gehören natürlich auch zu seinen gängigen Schlagern.

    Falls es in den zwei Jahrzehnten seit seinem Opernsänger-Studium überhaupt eine Entwicklung dieses Stils gegeben hat, dann ist es Raabes verstärktere Hinwendung auf die eigene Rolle – neben dem zwölfköpfigen, mit elf formidablen Musikern und einer Geigerin, Raabe sagt Violinistin, besetzten Palast-Orchester. Denn unlängst hat dessen Chef (passenderweise mit der experimentierfreudigen Ex-„Ideal“-Frau Annette Humpe) eine Soloscheibe aufgenommen, die „Küssen kann man nicht alleine“ heißt. Doch die Lieder daraus klingen auch im vertrauten Arrangement des Palast-Orchesters dünner als die älteren Knaller wie „Mein kleiner grüner Kaktus“, die Raabe hunderte Male dargeboten hat und die er deshalb, man hört's am etwas verhuschteren Ton, nicht mehr ganz so mag.

    Im neueren Programmteil vor der Pause vermag er daher eher mit typischen Textpassagen wie „Jetzt sitz‘ ich hier am Mittelmeer und habe keine Mittel mehr“ als mit musikalischer Finesse zu punkten.

    Nach der Pause des zweistündigen Programms durfte sich das Orchester endlich palastreif entfalten, erntete es Szenenapplaus für manche Extra-Einlagen. Dass auch diese Bonmots dem geschmackvoll strengen Muster des Vorsängers folgten und bis ins letzte Xylophon-Klingeln hinein nie unvorbereitet kamen, passte zwar ins Bild: Bisweilen aber hätte man sich trotz aller Finesse mehr Pep und Mut zum Risiko gewünscht, weniger Gruppenzwang. Wahrscheinlich aber wird auch Max Raabes achtes, neuntes Konzert an gleicher Stelle ausverkauft sein.

    ONLINE-TIPP

    Viele Bilder vom Max-Raabe-Konzert in Würzburg und vom Publikum unter: www.mainpost.de

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