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Wie Tommy Jaud zu einer Pizza-Box mit Pudel kam

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Wie Tommy Jaud zu einer Pizza-Box mit Pudel kam

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    Mitten in der Midlife-Krise: Maximilian Brückner und Melanie Winiger in der Verfilmung des Jaud-Bestsellers „Resturlaub“.
    Mitten in der Midlife-Krise: Maximilian Brückner und Melanie Winiger in der Verfilmung des Jaud-Bestsellers „Resturlaub“. Foto: Fotos: Cinetext, Michael Bauer

    Tommy Jaud wurde 1970 in Schweinfurt geboren. Nach seinem Germanistik-Studium belieferte der Schriftsteller und Drehbuchautor Fernsehshows wie „Ladykracher“, „Die Wochenshow“ oder „Die Harald Schmidt Show“ mit humorvollen Texten. Jauds Romane „Vollidiot“, „Resturlaub“, „Millionär“ und „Hummeldumm“ wurden alle zu Bestsellern. In „Resturlaub“ bricht der von der Midlife-Krise geplagte Hauptdarsteller spontan nach Argentinien auf, um festzustellen, dass man vor seinen Problemen nicht weglaufen kann. Nun wurde der Roman von Regisseur Gregor Schnitzler verfilmt, die Hauptrolle übernahm Maximilian Brückner, der Film kommt an diesem Donnerstag in die Kinos. Ein Gespräch mit Jaud über den Film, seinen Einfluss und den Druck, der auf ihm lastet.

    Frage: Die Verfilmung von „Vollidiot“ stützte sich vor allem auf den deftigen Humor, die Feinheiten blieben weitgehend auf der Strecke. Können Sie die Kritik vieler Fans des Buches am Film nachvollziehen?

    Jaud: Ich habe den Film lange nicht gesehen und, ehrlich gesagt, auch mein Buch seit 2004 nicht mehr gelesen. Da verklärt sich so einiges. Die Kritik vieler Fans am Film kann ich verstehen, ich hätte mir auch einen unangepassteren und bekloppteren Film gewünscht. Aber danach ist man ja immer schlauer.

    Haben Sie beim Schreiben des Drehbuchs zu „Resturlaub“ entsprechende Kurskorrekturen vorgenommen?

    Jaud: Die Drehbucharbeit an „Vollidiot“ war sowohl thematisch als auch zeitlich viel zu weit weg von „Resturlaub“, als dass es einen größeren Einfluss hätte geben können. Zwischen den beiden Projekten lag dann ja auch noch der Fernsehfilm „Zwei Weihnachtsmänner“. „Resturlaub“ war aber mit Abstand die schwierigste und langwierigste Drehbuchentwicklung. Die von Ihnen angesprochenen Kurskorrekturen kamen auch eher von außerhalb.

    Hatten Sie über das Drehbuch hinaus Einfluss auf den Film?

    Jaud: Ich hatte ein Veto-Recht für die Hauptrollen, sah aber keinen Grund, davon Gebrauch zu machen. Und ich durfte den Regisseur betrunken machen und zur Lama-Szene überreden.

    Welchen persönlichen Stellenwert hat „Resturlaub“ in Ihrem Schaffen?

    Jaud: Einen sehr großen, weil ich von Gefühlen und Orten geschrieben habe, die mir bekannt sind.

    Was fasziniert Sie an Argentinien und den Argentiniern?

    Jaud: An den Argentiniern fasziniert mich ihre gehetzte Heimatlosigkeit, der sich unter anderem im immer noch fortdauernden und geografisch völlig unsinnigen Bezug zu Europa äußert. In gewisser Hinsicht ist Argentinien meiner Hauptfigur recht ähnlich, beide fragen sich: Wer zum Teufel bin ich, und wo gehöre ich hin?

    Haben Sie Ihre Midlife-Crisis bereits hinter sich gebracht? Welche Auswüchse hat sie gezeitigt?

    Jaud: Vermutlich habe ich meine Midlife-Krise schon mit „Resturlaub“ verarbeitet. Statt selbst zu flüchten, hab ich's einfach Pitschi Greulich (Anmerkung der Redaktion: die Hauptfigur von „Resturlaub“) machen lassen.

    Sind Sie ein Autor, der das Filmteam regelmäßig am Set nervt?

    Jaud: Noch nicht, aber ich habe es in jedem Fall vor. Beim „Resturlaub“-Dreh hatte ich nur wenige Gelegenheiten zu nerven. Ich habe aber auch recht schnell kapiert, dass ich keine große Hilfe gewesen wäre. Das Wesentliche muss man ohnehin lange vor dem Dreh mit dem Regisseur besprechen. Wenn die Kamera dann mal läuft, ist längst ein eigenständiges Werk aus dem Drehbuch geworden, und dann heißt es für den Autor zurecht: „Fresse halten!“

    In „Resturlaub“ haben Sie einen Kurzauftritt. Wie war's?

    Jaud: Ganz schön chaotisch! Ich hatte so eine Pizza-Box mit einem Pudel in der Hand und sollte dann noch in argentinischem Spanisch improvisieren, da war ich recht schnell überfordert. Gott sei Dank gab es Leute im Schnitt, die mich mochten.

    Empfinden Sie den Bestseller-Status Ihrer Bücher als Druck? Wird von außen Druck auf Sie ausgeübt?

    Jaud: Den Druck mache ich mir in der Regel selbst, mein Verlag ist recht entspannt mit Themen und Abgabeterminen. Mir machen Filme weit mehr Stress als Bücher, weil beim Film mein Einfluss als Autor sehr viel früher aufhört. Anders beim Buch: Wenn ich im nächsten Roman kompletten Müll schreibe, dann ist daran kein Schauspieler schuld und kein Regisseur und auch keine Filmproduktion, dann war das halt einfach ich. Ich kann ja schlecht zum Verlag sagen: Da habt Ihr aber eine echt blöde Schrift genommen, so konnten das die Leser ja nicht witzig finden.

    Sind Sie ein disziplinierter Schreiber mit einer festen, täglichen Arbeitszeit?

    Jaud: Ich versuche es, aber es ist nicht leicht. Wenn ich meinen Tag mit einer festen Zeit fürs Schreiben plane, dann habe ich schon verloren, da kommt immer was dazwischen. Wenn ich dann aber mal richtig an meinem Roman sitze, versuche ich, jeden Vormittag dafür frei zu halten. Dann ist das Mailprogramm geschlossen und das Handy aus, und dann schreibe ich meine drei bis vier Stunden. Der Nachmittag geht dann für Bürokram drauf.

    Ist ein ernstes, tragisches oder melodramatisches Tommy-Jaud-Buch denkbar?

    Jaud: Nee, ich habe ja schon tragische und melodramatische Büronachmittage. Mein nächstes Buch ist das jedenfalls schon mal nicht. Aber wer weiß, vielleicht irgendwann?

    „Resturlaub“ kommt offiziell am Donnerstag in die Kinos. Als Vorpremiere ist er am Dienstag, 9. August, 20 Uhr im Cinemaxx Würzburg und am Mittwoch, 10. August, 20 Uhr, im Cineworld im Mainfrankenpark zu sehen.

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