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"Bühne der Betroffenheit geschickt genutzt"

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"Bühne der Betroffenheit geschickt genutzt"

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    Wohl kein Ereignis der vergangenen Jahre wühlt die Menschen quer durch alle soziale Schichten und parteiübergreifend so auf, wie die Folgen der Seebeben-Katastrophe im Indischen Ozean. Eine Spendenwelle gigantischen Ausmaßes drückt die tiefe emotionale Betroffenheit aus: Deutschland solidarisch vereint in dem Willen zu helfen und eingebunden in einer weltumspannenden Woge von Nächstenliebe.

    Und vorne weg Gerhard Schröder. In einer "politischen Gratwanderung", wie das Peter Lösche bezeichnet. Der Politikwissenschaftler an der Universität Göttingen nennt die Aufstockung der deutschen Hilfe auf 500 Millionen Euro "eine starke symbolische Geste". Lösche: "Schröder ist natürlich durch und durch Politiker. Er weiß deshalb auch das Seebeben für sich zu nutzen. Dabei muss er aber höllisch aufpassen, dass er nicht in den Verdacht gerät, dass er das alles nur aus Wahlkampf-Gründen tut. Sonst wird daraus nämlich schnell ein Schuss in den Ofen. Dafür haben die Menschen ein sehr sicheres Gespür. Schließlich stehen wichtige Landtagswahlen an." Bislang habe sich der Kanzler jedoch glaubwürdig verhalten.

    Auch Manfred Güllner vom Meinungsforschungsinstitut Forsa in Berlin attestiert dem Kanzler bislang "ein gutes Gespür für die Gefühlslage der Nation". Güllner: "Die Bühne der öffentlichen Betroffenheit hat Schröder geschickt genutzt." Man könne davon ausgehen, dass dessen Ansehen hierzulande und in der Welt von der aufsehenerregenden Summe 500 Millionen Euro profitieren werde. Da bewähre sich der Kanzler, nicht aber die SPD. Deshalb sei offen, ob die Partei daraus für die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (20.  Februar) und in Nordrhein-Westfalen (22.  Mai) Nutzen ziehen könne.

    Klaus-Peter Schöppner vom TNS-Emnid-Institut in Bielefeld ist sich ebenfalls sicher, dass der Kanzler sich in diesen Tagen politisch als Krisenmanager gekonnt profiliert, "was aber die Leistung Gerhard Schröders in keiner Weise schmälert". "Er macht das perfekt, quasi parteiübergreifend. Er hat einen unumstrittenen übergreifenden Konsens in der Bevölkerung kraftvoll besetzt. Das macht ihn im Augenblick auch stark." Der politische Alltag mit der schlechten Wirtschaftslage und steigenden Arbeitslosenzahlen werde den Kanzler aber bald einholen.

    Richard Hilmer von Infratest Dimap in Berlin geht davon aus, dass sich durch das Krisenmanagement des Kanzlers die Grundstimmung in der Bevölkerung nicht wirklich nachhaltig zum Positiven hin verändern wird. Hilmer: "Die Union tut allerdings gut daran, sich momentan wegzuducken, da dies absolut die Stunde der Regierenden ist." Für den Augenblick seien die tatsächlichen politischen Sorgen ausgeblendet. Wolfgang Schäuble, Fraktionsvize der Union im Bundestag, drückt das so aus: "Wir sollten hier nicht einen Wettlauf von Eitelkeiten der Politiker veranstalten."

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