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„Der große Gewinner sind die Kommunen“

Leitartikel

„Der große Gewinner sind die Kommunen“

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    Dieter Ondracek
    Dieter Ondracek Foto: FOTO Pompetzki

    Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, hat keine datenschutzrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit der geplanten elektronischen Lohnsteuerkarte, die das Bundeskabinett auf den Weg gebracht hat.

    Frage: Mit dem geplanten Jahressteuergesetz soll auch die Lohnsteuerkarte aus Pappe verschwinden. Kommt da bei Ihnen Wehmut auf?

    Dieter Ondracek: Nein. Die Lohnsteuerkarte ist überholt. Es gibt keinen Betrieb mehr, der seine Buchführung und Lohnbuchhaltung per Hand erledigt. Das geht mittlerweile alles elektronisch. Die Lohnsteuerkarte aus Pappe wurde da immer hinderlicher. Das neue Verfahren ist eine konsequente Folge dieser Entwicklung.

    Künftig sollen alle Bürger eine Dauer-Steuernummer bekommen. Datenschützer befürchten einen Missbrauch. Sie auch?

    Ondracek: Nein, ich befürchte keinen Missbrauch. Diese Identifikationsnummer hat wenig mit der neuen Lohnsteuerkarte zu tun. Für den Arbeitnehmer ist die Nummer auch von geringer Bedeutung. Wichtig wird sie für jene, die andere Einkünfte haben. Zum Beispiel lassen sich Miet- oder selbständige Einkünfte künftig besser individuell zuordnen.

    Geplant ist eine bundesweite Zentraldatei, die sämtliche Angaben über Ehepartner und Kinder bis hin zu Religionszugehörigkeit, Steuerklassen und Freibeträgen enthält. Wer hat Zugriff auf diese sensiblen Daten?

    Ondracek: Nur der hat Zugriff, dem diese Daten auch heute schon zur Verfügung stehen. Neben den Finanzbeamten sind das die Arbeitgeber, soweit sie bestimmte Daten benötigen. Aber auch bisher wussten die Arbeitgeber über den Familienstand, über die Zahl der Kinder und die Religionszugehörigkeit ihrer Mitarbeiter Bescheid.

    Kann der Steuerzahler vom Fiskus künftig besser kontrolliert werden?

    Ondracek: Arbeitnehmer mit ihren Lohneinkünften waren auch bisher voll in der Überwachung der Finanzämter. In den letzten Jahren mussten die Arbeitgeber den Lohn des Mitarbeiters elektronisch an die Finanzverwaltungen melden. Neu sind die Möglichkeiten bei Nebeneinnahmen und selbständigen Einkünften. Hier wird eine bessere Kontrolle bei bisher verschwiegenen Einnahmen ermöglicht.

    Die Regierung verspricht sich von dem neuen Verfahren einen spürbaren Bürokratieabbau. Eine berechtigte Hoffnung?

    Ondracek: Es ist ein Bürokratieabbau, aber man kann darüber streiten, ob er spürbar ist. Wenn sich alles auf eine Steuernummer konzentriert, dann wird die Steuerverwaltung sicher erleichtert. Der große Gewinner sind die Kommunen, weil sie keine Lohnsteuerkarten mehr ausfertigen müssen. Aber für den Steuerzahler dürfte sich kaum etwas ändern.

    Das Jahressteuergesetz enthält insgesamt über 200 steuerrechtliche Änderungen. Blickt da ein Finanzbeamter überhaupt noch durch?

    Ondracek: Das ist das große Problem. Den Bürger betreffen von den 200 Änderungen vielleicht nur zwei oder drei, aber ein Finanzbeamter muss alle 200 kennen, was bei der ohnehin schon großen Arbeitsbelastung eine glatte Zumutung ist. Für sich gesehen ist fast jede Änderung notwendig, weil sie Fehlentwicklungen korrigiert. Insofern würden wir uns wünschen, dass ein Bundestag einmal vier Jahre lang nichts im Steuerrecht tun muss. Das wäre die größte Steuervereinfachung.

    Glauben Sie, dass Sie dann noch im Amt sind?

    Ondracek: Nein, das glaube ich nicht. Leider.

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