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LONDON: Dianas Auflehnung rettete die Monarchie

LONDON

Dianas Auflehnung rettete die Monarchie

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    Wo waren Sie, als Sie vom Tod Dianas erfahren haben? Wie die Terroranschläge in den USA am 11. September 2001 scheint dieser Tag für Millionen Menschen in aller Welt eine Bezugsgröße in der neueren Geschichte zu bilden – ein Ereignis wie eine historische Zäsur. Kaum jemand hat den Moment vergessen, als er die Nachricht vom tragischen Unfall in Paris erhalten hat.

    Das ist bemerkenswert vor allem deshalb, weil Diana weder eine offizielle Funktion innehatte noch für politische Umwälzungen verantwortlich zeichnete und nicht einmal mehr zur royalen Familie zählte, nachdem die Scheidung von Prinz Charles vollstreckt war. Trotzdem entstand ein beispielloser Kult um jene Frau, die zu Lebzeiten als Ikone gefeiert und nach ihrem Tod als „Königin der Herzen“ glorifiziert wurde. Die vom britischen Königshaus verstoßene Prinzessin diente als ideale Identifikationsfigur. Sie wurde einerseits als glamouröse Vertreterin des Adels und nahbare Wohltäterin angehimmelt und andererseits als Ehefrau und Mutter die Freuden, aber auch das Leid – etwa betrogen worden zu sein – mit Millionen Menschen teilte.

    Dianas Tod brachte die Monarchie ins Wanken

    Indem sie sich gegen das auf Traditionen und Zurückhaltung bedachte Königshaus auflehnte, entzauberte sie in gewisser Hinsicht die royale Familie. Ihr Tod brachte dann sogar die jahrhundertealte Monarchie ins Wanken. Und sorgte paradoxerweise gleichzeitig dafür, dass die Windsors heute so beliebt dastehen wie selten zuvor. Denn hinter den Palastmauern haben sie aus den Fehlern dieser schicksalshaften Woche gelernt, als das Volk in Trauer versank und Königin Elizabeth II. mit ihrer Unnahbarkeit die Untertanen erzürnte.

    Die Royals fahren seitdem eine modernisierte PR-Strategie, die jene von Diana als Vorbild haben könnte. Auf behutsame Weise haben sie den Imageschaden repariert sowie den Glanz und Pomp wieder erstrahlen lassen, der vom britischen Königshaus inszeniert wird wie von keinem anderen der Welt. Die „Firma“ bietet die besten Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen und großen Festivitäten.

    Schon lange haben sich die Briten mit der Queen versöhnt, die heute als Aushängeschild der Nation fungiert, das über allen Dingen steht und diszipliniert ihren Dienst am Volk ausübt. Die jüngere Generation, insbesondere Prinz William und die modebewusste Kate mit ihren beiden Kindern, liefert zudem perfekt choreografierte Auftritte ab, die manchmal an ein Hochglanzmagazin in Bewegtbildern erinnern und für Glamour sorgen. Es gibt keine Skandale wie zu Rosenkriegszeiten Anfang der 90er Jahre, dafür idyllisches Familienglück.

    Die Royals können als Profis öffentliche Meinung lenken

    Dass die beiden Prinzen William und Harry insbesondere in diesem Jahr immer wieder den schweren Palastvorhang beiseitegeschoben und Emotionen gezeigt haben, hat der Marke ebenfalls geholfen. Zugänglich und informell soll die junge Generation dargestellt werden. Als Profis wissen alle Royals und ihr Apparat, wie sie die öffentliche Meinung lenken können.

    Und so genoss sogar Prinz Charles, der stets von Dianas Schatten verfolgt wurde, bis vor kurzem ungeahnte Popularität. Doch Dianas Geist ist 20 Jahre nach ihrem Tod zurück. Da sind sie wieder, die Geschichten über den Thronfolger als Ehebrecher. Oder die peinlichen Aufnahmen, in denen ihn seine Ex-Frau bloßstellt. Seine Umfragewerte sind abgestürzt. Noch vor vier Jahren meinten 60 Prozent der Briten, dass der Prinz von Wales positiv zur Monarchie beiträgt. Die Briten schienen Frieden mit ihm und sogar mit seiner zweiten Frau Camilla geschlossen zu haben.

    Doch heute, im Erinnerungsreigen an Diana, denkt nur noch knapp ein Drittel der Bevölkerung so. Charles' mit Mühe aufgebautes Image ist dahin. Die Hoffnung bei den Windsors dürfte sein, dass nach dem heutigen Tag nicht nur Diana wieder ihre Ruhe findet, sondern auch die royale Familie.

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