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WÜRZBURG: Nicht nur Akademiker braucht das Land!

WÜRZBURG

Nicht nur Akademiker braucht das Land!

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    Universitäten bieten oft Vorkurse für Erstsemester an - es empfiehlt sich, daran teilzunehmen.
    Universitäten bieten oft Vorkurse für Erstsemester an - es empfiehlt sich, daran teilzunehmen. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa

    Auch wenn die Universität Würzburg mit 28 700 Studierenden ihr Vorjahresniveau nur knapp gehalten hat, ebenso die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) mit derzeit 9 100 Eingeschriebenen: Es wird immer voller an Deutschlands Hochschulen. 2,85 Millionen Studierende sind laut statistischem Bundesamt in diesem Wintersemester immatrikuliert – ein neuer Rekord und ein Plus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Wintersemester 2016/17.

    Der Akademisierungstrend ist ungebrochen. Grund zur Freude in einem Land, dem Bildung als wichtigster Rohstoff gilt? Nur bedingt. Dem Zuwachs an Studenten steht nämlich ein Minus in der beruflichen Ausbildung gegenüber: Um 400 000 ist seit der Jahrtausendwende die Zahl der Azubis auf nur noch 1,3 Millionen gesunken. Noch nie waren so viele Lehrstellen unbesetzt – über 40 000 im Jahr 2016.

    Geringe Arbeitslosenquote bei Akademikern

    Kein Wunder, dass Unternehmen nach Fachkräften fahnden, volle Auftragsbücher kaum abzuarbeiten sind und Handwerkerkosten steigen. Jahrelang wurde politisch die Losung „Mehr Studenten!“ ausgegeben. Mittlerweile liegt die Studienanfängerquote (Anteil am Geburtsjahrgang) bei 56 Prozent – gegenüber 33 Prozent im Jahr 2000.

    Und tatsächlich saugt der Markt in wirtschaftlichen Boom-Zeiten wie diesen die Akademiker auf: Ihre Arbeitslosenquote ist noch niedriger als bei abgeschlossener Berufsausbildung. Auch in den Agenturbezirken Würzbug und Schweinfurt ist das so – und die Verführung groß: Studieren auf Teufel komm' raus und egal was? Bitte nein!

    Politik in Deutschland ist allzu hochschulfixiert

    Genauso wie Akademiker braucht das Land die qualifizierten Facharbeiter. Leider hat die berufliche Bildung an gesellschaftlicher Achtung verloren – Mitschuld daran trägt eine hochschulfixierte Politik. Niemand wird bestreiten, dass in eine exzellente Forschung und Wissenschaft investiert werden muss – im Sinne des technologischen Fortschritts genauso wie im Sinne einer universell-persönlichen Bildung im Humboldtschen Verständnis.

    Natürlich brauchen wir den ehrgeizigen, wissens- und erkenntnisdurstigen Akademikernachwuchs. Aber brauchen wir Massen von Studierenden, die teils orientierungs- und motivationslos durchs Studium taumeln? Viele tun dies, weil ihnen Alternativen verborgen bleiben. Weil ihnen als Art „Naturgesetz“ eingetrichtert wird, dass nur ein Studium beruflichen Erfolg und Ansehen bringt. Dahinter steckt bisweilen ein akademischer Dünkel samt Überheblichkeit und Ignoranz gegenüber Ausbildungsberufen, deren dynamische Veränderungen in Zeiten von Digitalisierung und lebenslangem Lernen nicht zur Kenntnis genommen werden.

    Abgeschlossenes Studium ist keine Garantie für gutes Gehalt

    Wie wäre es mit mehr Respekt? Er könnte diese Berufe wieder attraktiver machen. Und der Geldbeutel tut das Seine. Hartnäckig hält sich der Irrglaube, ein Studium zahle sich in jedem Fall auch in barer Münze aus. Doch die Bandbreite ist enorm – Top-Einstiegsgehältern von über 50 000 Euro stehen prekäre Verhältnisse mit Bruttoeinkommen von jährlich unter 20 000 Euro gegenüber. Ein qualifizierter Facharbeiter lächelt da milde.

    So wie nicht jeder Schulabgänger für eine Maurer- oder Friseurlehre geeignet ist, so passt nicht zu jedem Abiturienten ein Studium. Die hohe Abbrecherquote ist ein Indiz dafür. Vor 20 Jahren noch verließ jeder fünfte Studierende vorzeitig die Hochschule, heute ist es bereits jeder dritte.

    Entscheidend ist die Wahl nach persönlichen Voraussetzungen

    Berufsberater der Würzburger Arbeitsagentur warnen vor einem „Hype“ um die Akademisierung, die sich heute auch in einer kaum mehr überschaubaren Zahl von deutschlandweit fast 8000 Studiengängen ausdrückt. Glückwunsch, wer hier das Richtige findet! Dann kann ein Studium erfüllend, persönlichkeitsbildend und zielführend sein. Die Entscheidung dafür sollte entsprechend nicht von Moden oder Monatsgehältern abhängen, sondern zuallererst von individueller Anlage und Haltung.

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