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LESERANWALT: Der Leseranwalt: Die Gedanken eines Seniors über Soldaten, die ihr Leben verloren haben

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Der Leseranwalt: Die Gedanken eines Seniors über Soldaten, die ihr Leben verloren haben

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    Wenn es tatsächlich so ist, dass der Sprachgebrauch die Menschen prägt und sogar Einfluss auf ihr Handeln hat, dann muss das, was Leser R. mir schreibt, sehr nachdenklich machen. Er stört sich daran, dass er in den Nachrichten gehört hat, dass deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben verloren haben. Rhetorisch fragt er nach: „Verloren?“

    Seine Antwort ist hart. Er erinnert nämlich daran, dass sich einst einzelne Soldaten im Kampf einander gegenüberstanden und einer von der handgeführten Waffe des anderen getroffen wurde, so dass der fiel. So sei er zu einem Gefallenen geworden. Und nun, so Herr R., verlieren Soldaten ihr Leben so einfach wie eine Sache. Das klinge, als hätten sie nur besser aufpassen müssen. Herr R. wörtlich: „Nein, ich habe als Soldat umgebrachte und ermordete Opfer genug ansehen müssen, allerdings auch mit einem Gefühl – fast wie Dankbarkeit – noch einmal davongekommen zu sein.“

    Und wer wollte ihm widersprechen? „Das Leben verlieren“ verharmlost das, was es heißt, zum Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden. Der sehr lebenserfahrene Herr R. sieht das so: „Heute sind unsere Soldaten freiwillige Kämpfer, die ihr eigenes Leben für unseres einsetzen wollen.“ Er fragt, „weiß ein jeder von uns anzuerkennen, was das für Konsequenzen hat? Und wie oft werden Soldaten leichtfertig immer wieder Strategien von (ideologisch/religiös gepolten) Machthungrigen und Ruhmsüchtigen geopfert?‘“

    Was mögen wohl Hinterbliebene und Angehörige empfinden, wenn sie als letzte Konsequenz die schreckliche Nachricht mit Worten erreicht, die nicht an ein Kriegsgeschehen glauben lassen möchte. Herr R. fragt provokant, ob noch der frühere lockere Spruch gelte: „Der Dank des Vaterlandes ist euch gewiss?‘“ Da kann man ihn beruhigen. Dem ist wohl längst nicht mehr so. Die Todesnachricht, so erfährt man, überbringen geschulte Mitarbeiter der Familie persönlich.

    In den vergangenen Jahren, so resümiert Herr R., hätten nicht nur wir uns verändert, sondern auch die Muttersprache. Althergebrachtes sei einer verwirrenden Flexibilität ausgesetzt. – Nur für ihn?

    Man könnte das ungute Gefühl bekommen, dass die Vermittlung von Todesnachrichten in diesen Tagen in Redaktionen zur routinemäßigen Handlung geworden ist. Sprache ist zweifellos nicht alles. Aber die Gedanken eines Seniors könnten zumindest vermitteln, dass wir auch für die hässliche Wirklichkeit auf den Schlachtfeldern zutreffende Worte finden müssen. Vielleicht als abschreckenden Beitrag, damit es weniger werden können. Anmerkung: Soeben habe ich einen Fehler in der Überschrift und noch einmal im Text korrigiert, auf den mich eine Leserin aufmerksam gemacht hat. In der Überschift stand: "Die Gedanken eines Senioren über Soldaten,.....". Das ist falsch. Richtig muss es heißen: "Die Gedanken eines Seniors, ......". Senioren ist Plural. Genitiv erfordert "eines Seniors". Bitte den Fehler zu entschuldigen, der leider in der Zeitung erschienen ist. Anton Sahlender, Leseranwalt

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