Das ist widerlich“, schreibt ein Leser. Er macht seinem Ärger Luft, weil auf Lokalseiten der Würzburger Ausgabe ein Bürgermeister an einem Tag sechs Mal im Bild zu sehen ist. Berichtet wird über eine Partnerschaftsfeier in der Partnerstadt. 20 Jahre besteht das Bündnis. So war ein Journalist mitgereist. Man bot ihm hinreichend Bürgermeister-Motive. Hier seine Foto-Ausbeute: Erstens überreichen die Bürgermeister gegenseitig Gedenktafeln, zweitens ehren die Bürgermeister treibende Kräfte für die Partnerschaft, drittens erhält der hiesige Bürgermeister ein Foto von seinem letzten Besuch, viertens blicken die Bürgermeister über die Dächer der Stadt, und fünftens überreicht der Hiesige an den Dortigen eine Spende für dessen Vereine. Alles wichtig. Wie es aber so geht, ist sechstens, ausgerechnet an diesem Tag, der hiesige Bürgermeister (zwar nur klein im Bild) einer der Promis, welche für eine Begegnung der Fußball-WM tippen dürfen.
Widerlich ist diese Bilderserie zwar nicht, denn Bürgermeister sind respektabel und wichtig. Aber ein halbes Dutzend Fotos mit einem einzigen an einem Tag sind deutlich zu viel des Guten. So weit stimme ich dem Kritiker zu.
Es gibt so manche Hintergründe für Ungleichgewichte auf lokalen Seiten von Zeitungen. Nicht alle Ortschaften (und Bürgermeister) können ständig ausreichend redaktionell betreut werden. Stellenweise fehlen Mitarbeiter, vor allem freie. Es dauert oft lange, bis ein Schreiber angeworben ist, damit mit seiner Hilfe eine Ortschaft mit ihren Ereignissen angemessen berücksichtigt werden kann. Doch das ist kein Argument für stark bildbeflissene Bürgermeister, vor allem nicht für den geschilderten, einzelne Fototermine allzu ausgiebig zu nutzen.
Auch Leser haben Einfluss. Nicht nur wenn sie ihren Ort vernachlässigt sehen, dürfen Sie im Internet auf www.main.de Nachrichten einstellen. Die werden zum Angebot an die Zeitungsredaktion. Manches Mal nutzt sie es, vielleicht sogar mit Bürgermeister.
Mitarbeitermangel spielt aber keine Rolle für das geschilderte Bild-Übergewicht eines Bürgermeisters. In Sachen Präsenz vor Fotokameras ist er jedoch kein Einzelfall. Bewusst nenne ich nicht seinen Namen, damit sich alle seine Amtskollegen angesprochen fühlen. Der Leserschaft und allen Journalisten zuliebe appelliere ich an deren Verständnis und das anderer bedeutender Persönlichkeiten: Verzichten Sie auch mal selbst. Übermäßige Bildpräsenz kann zum Ärgernis werden. Bürgermeister sind unverzichtbar in Rathäusern, nicht so sehr auf Pressefotos. Weniger ist auch hier mehr.