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Es kann für Leser frustrierend sein, wenn andere Leute vor der Wahl ihr Nichtwissen ausbreiten dürfen

Leseranwalt

Es kann für Leser frustrierend sein, wenn andere Leute vor der Wahl ihr Nichtwissen ausbreiten dürfen

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    Weil 2013 Wahljahr ist, greife ich vorsorglich eine journalistische Erfahrung aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2012 auf. Es geht um die Praxis der US-Medien, oft den „kleinen Mann auf der Straße“ zu befragen. Die wird dort in Journalistenschulen gelehrt und Redakteuren als Erfolgsrezept eingetrichtert. Das hat den Ombudsman des National Public Radio (NPR), Edward Schumacher-Matos (Washington), nach einer nicht repräsentativen Umfrage beschäftigt.

    Hörer ließen ihn erkennen, dass sich etwas verändert haben könnte. Vielen von 5500 Befragten war es nämlich egal, was irgendein Mensch aus Florida vor der Wahl aussagt. Zitat: „Es gibt wenig, was mehr frustriert als Ansichten von Wählern, die nur ihr Nichtwissen ausbreiten.“ Sie stehlen Platz, der besser für Analysen und überprüfte Fakten zu nutzen wäre.

    Vielleicht sind nicht genug von jenen, die es anders sehen, gefragt gewesen. Andererseits wissen nicht nur Psychologen, dass Leser oder Hörer es mögen, wenn Medien ihre eigene Ansicht bestätigen. Diesen Trend verstärke die politische Polarisierung in Wahlkämpfen. Ablehnung wachse, wenn eine Person mit anderer Meinung auftrete, bei der man erkenne, dass sie weniger Qualifikation besitzt als man selbst.

    Schumacher-Matos folgert, dass Journalisten mit „Stimmen von der Straße“ wohl überzogen haben. Ihr Glaube, dass Zitate von Durchschnittsbürgern Farbe in Artikel oder Sendungen bringen, sei nicht unumschränkt aufrechtzuerhalten. Mediennutzer hätten durch den Konsum des Internets eben weniger Geduld für Geschichten, die sich in Stimmen verlieren und nicht rasch auf den Punkt kommen.

    Es fällt mir schwer zu beurteilen, ob deutsche Medien in Wahlkämpfen die Verbreitung von Wählermeinungen übertreiben. Darauf verzichten können sie ohnehin nicht, auch nicht die in den Staaten. Beliebig einsetzen sollte man willkürlich eingefangene Ansichten nicht. Denn es sei eine Illusion zu glauben, es lasse sich daraus ein komplettes Bild des Wahlkampfes zusammenfügen, meint Schumacher-Matos. Für extrem schwierig hält er es, sie in den Kontext nationaler Trends sinnvoll einzuordnen.

    Es bleibt aber ein demokratischer Wert, auf Gedanken von Wählern journalistisch kompetent einzugehen. Die bringen Farbpunkte ins Gesamtbild. Verändern, das füge ich hinzu, können sie es nicht. Das sollte alle Leser beruhigen, die 2013 mit ihrer Meinung vor dem Gang in die Wahlkabine in keinem Medium zu Wort kommen. Siehe auch: www.mainpost.de/leseranwalt

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