Das gewaltige Medieninteresse, das die Vorwürfe der Vergewaltigung von Frauen und des Missbrauchs von Kindern an einem so kleinen Dorf wie Eschenau ausgelöst haben, zeigt Schattenseiten. Es gibt Hinweise, dass so genannter Scheckbuch-Journalismus dort Einzug gehalten hat. Ein Mitarbeiter dieser Zeitung wurde gefragt, was er für Informationen bezahlen würde. Andere Medien, so bedeutete man ihm, hätten sich schon erkenntlich gezeigt.
Um es vorweg zu nehmen: Von der Redaktion dieser Zeitung gibt es kein Geld für Antworten auf ihre Fragen. Ich bin sicher, das gilt für andere Tageszeitungen ebenso. Diese Ablehnung besteht selbst vor dem Versprechen der Leute, die für bare Münze exklusiv antworten wollen.
Für diese Haltung gibt es wichtige Gründe, vor allem die Informationsfreiheit. Die ist für Medienvertreter gegenüber dem Staat und seinen Behörden als Anspruch sogar grundgesetzlich gesichert. Deshalb sage ich:
1. Alle Medien legen Wert darauf, freien Zugang zu allen Informationen zu bekommen, welche die Öffentlichkeit interessieren. Dem widerspricht es, wenn Journalisten nun selbst mit Geld andere Journalisten von Mitteilungen ausschließen, dort wo es kein Gesetz verbietet.
2. Wer für Geld nur einem Medium Auskünfte erteilt, läuft Gefahr, an Glaubwürdigkeit einzubüßen. Es kann ihm vorgeworfen werden, dass ihm nicht mehr an der Sache, sondern am Geld gelegen ist.
Exklusiv-Verträge von Medien mit Privatpersonen sind zwar nicht ungesetzlich. Mit dem Berufsethos des Journalismus lassen sie sich aber nicht vereinbaren. Die Aussicht, sich besser zu verkaufen, hat schon immer einige Medien veranlasst, viel Geld für Exklusivität auszugeben. Die Vorgänge in Eschenau und ihre Folgen scheinen vielversprechend für TV-Sender, die um Einschaltquoten ringen, für Magazine, die sich verkaufen müssen. Grundsätzlich meine ich, dass an den Ereignissen und Entwicklungen in Eschenau ein öffentliches Interesse vorliegt, das mediale Aufmerksamkeit rechtfertigt. Sie zeigt eine kleine Gemeinschaft inmitten einer großen Belastungsprobe. Erkenntnisse darüber tragen zum demokratischen Prozess der Meinungsbildung genauso bei, wie Berichte über politische Entscheidungen. Das hat sinngemäß das Bundesverfassungsgericht in Urteilen festgehalten.
Medien, die ihrem Auftrag in einer freiheitlichen Gesellschaft gerecht werden möchten, lassen in Eschenau ihre Scheckbücher stecken. Man sollte die Menschen nicht in Versuchung führen. Hier geht es nicht um exklusive Details aus dem Leben von Berühmtheiten und Stars, sondern um seriöse Aufklärung.