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Eschenau – kleines Dorf im medialen Vergrößerungsglas

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Eschenau – kleines Dorf im medialen Vergrößerungsglas

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    Eschenau, ein kleiner Ort abseits der großen Straßen. Seit Wochen bekommt er unerfreuliche Schlagzeilen. Das Dorf liegt unter einem medialen Vergrößerungsglas. Aus meiner Sicht ist darauf zu achten, dass es nichts verzerrt. Denn nicht den rund 200 Eschenauern, sondern zweien unter ihnen werden bisher Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch vorgeworfen.

    Doch müssen die Medien, also auch diese Zeitung, ihre Aufmerksamkeit auf ganz Eschenau richten. Das ist der Unterschied zu vergleichbaren Fällen in der Anonymität von Städten. Zur außergewöhnlichen Nachricht wird hier ein überschaubares dörfliches Gefüge. Jeder Einwohner gehört dazu.

    So kann sich auch niemand aus der Situation davonstehlen, wenn es um die schweren Vorwürfe einiger Frauen aus ihrer Gemeinschaft an zwei Männer aus deren Mitte geht. Irgendwie betreffen sie jede und jeden, selbst wenn ihnen niemand vorwirft, Täter zu sein. Es geht eben um mehr, als um Querelen in einem Ortsverein, die sich mit einer Vorstandssitzung erledigen lassen.

    Die Dorfgemeinschaft ist damit noch heillos überfordert. In ihr bricht mindestens ein tiefer Riss auf. Für die einen ist es verwerflich, die Vorfälle aus der Vergangenheit ruchbar zu machen und unerträglich, dass sie sich mitsamt dem Dorf plötzlich in Misskredit gebracht sehen. Die anderen wissen, dass es keine Gemeinschaft trägt, wenn sie Missetäter deckt und Opfer zu lebenslangem Schweigen verdammt.

    Auch Eschenau, abseits der großen Straßen, liegt in unserem Rechtsstaat. Die Einwohner sind Teil unserer Gesellschaft. Daraus rechtfertigt sich die ungewohnte Aufmerksamkeit der Medien. Die Öffentlichkeit will wissen, wie es dort so weit kommen konnte und wie man damit fertig wird.

    Zwei Männer, gegen die sich schwere Vorwürfe richten, sind aber nicht mehr im Ort. Einer ist tot, der andere in Untersuchungshaft. Geblieben sind Angehörige, Freunde und Bekannte. Die sind, so meine ich, momentan eher wie Opfer zu behandeln, so wie alle Eschenauer, das heißt schonend. Dazu gehört, dass der aufgewühlten Gemeinschaft die Zeit eingeräumt wird, ihre Risse zu kitten. Wenn aber Eschenauer nicht Recht sein lassen wollen, was Recht ist, müssen es die Medien in ihrem Vergrößerungsglas deutlich zeigen, so als ginge es um Täter.

    Es darf sich aus dem aktuellen Geschehen nun kein geringschätziger Blick auf abgelegene Dörfer entwickeln. Die Lebensumstände sind dort zwar anders, aber Medien und Kommunikationswege sind die gleichen wie in großen Städten.

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