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Warum auch die Schauspielerin Heike Makatsch keine Dreimetersechzig misst

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Warum auch die Schauspielerin Heike Makatsch keine Dreimetersechzig misst

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    Also, da sieht man unter Kultur das halbe Vorderprofil der Heike Makatsch in doppelter Höhe eines natürlichen Kopfes, so dass ich, nach der unumstößlichen Regel, dass man von der Kopfgröße auf Körpergröße schließt, annehmen muss, dass die Makatsch ca. 360 Zentimeter Körpergröße hat!“ Mit dieser Logik grüßt mich herzlichst eine Frau, ihres Zeichens Künstlerin. Ich verstehe natürlich solche Worte als Kritik, die sich in diesem Fall gegen die Illustration eines Interviews (Dienstag, 10. März, Seite 11, „Wie Heike Makatsch zu Hilde Knef wurde“) richtet.

    Höher als eine dreiviertel Seite war an diesem Tag das halbe Gesichtsprofil der Schauspielerin in Farbe abgebildet. Es gab auch optisch die Nähe des Gesprächs wider, in dem Frau Makatsch sehr persönlich über ihre Rolle als Hildegard Knef in dem Film „Hilde“ redete.

    Eine Künstlerin, wie unsere Kritikerin, weiß allerdings ebenso gut wie jeder Leser, dass von Abbildungsgrößen nicht auf tatsächliche Körpergrößen geschlossen werden kann. Sonst wären eine Menge Zwerge in der Welt unterwegs, alles Leute, deren Abbild in der Zeitung winzig war. Deshalb stößt mich die Frau mit ihren Worten darauf, dass ihr jenes Foto deutlich zu groß geraten ist. Sie erkennt ein Missverhältnis. Sie hätte sich stattdessen lieber andere umfangreiche Kulturbeiträge gewünscht – auf Kosten einiger Dutzend Zentimeter Makatsch. Zumal auch Werke der kritischen Künstlerin schon wesentlich kleiner abgedruckt waren.

    Grundsätzlich verstehe ich ihre Probleme. Denn die Optik von Zeitungen verändert sich sichtbar. Für den einen oder anderen langjährigen Leser ist das gewöhnungsbedürftig. Aber es gibt kaum ein Medium, das es sich erlauben kann, mit seinem Äußeren oder seinen Präsentationsformen auf der Stelle zu treten. Keine Zeitung – nicht einmal die konservative Frankfurter Allgemeine – sieht mehr aus wie vor zwanzig Jahren, als Bilder noch schwarz-weiß waren. Auch TV-Sender haben sich auf veränderte Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten eingestellt. Und Zeitungen müssen sich weiterentwickeln. Ich will damit niemanden einreden, dass man das immer gut finden muss. Ein Urteil darüber überlasse ich jedem Leser.

    Medienexperten wissen aus Untersuchungen, dass die Optik dazu beiträgt, eine Zeitung und ihre Inhalte einprägsamer zu machen. Ungewöhnliche und überraschende Gestaltungen laden zum Lesen ein – und sie bleiben in Erinnerung. Gleichförmige Textspalten mit kleinen Bildern lassen Zeitungen belanglos erscheinen. Also werden klare Schwerpunkte gesetzt. Klein-klein darf das Erscheinungsbild nicht bestimmen. Die Redaktion dieser Zeitung erarbeitet folglich neue Präsentationsformen, gemeinsam mit einer Fachhochschule.

    Sie müssen jetzt nicht schimpfen, dass uns Inhalte wichtiger sein sollten als Verpackung. Ja, das weiß die Redaktion. Dem gilt ihr Bemühen. Aber das eine schließt das andere nicht aus: Eine starke Optik bedingt sogar einen ebenso starken Beitrag. Text und Illustration sollten harmonieren, eine Einheit bilden.

    Urteilen Sie täglich einfach selbst, wie ungewohnte optische Formen bei Ihnen ankommen. Aber gehen Sie bitte davon aus, dass kein uns bekannter Zeitgenosse Dreimetersechzig misst.

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