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Gepflegte Sprache, gepflegter Umgang

Leserbriefe

Gepflegte Sprache, gepflegter Umgang

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    Ja, die deutsche Sprache soll mit dem Satz "Die Sprache in Deutschland ist deutsch" in das Grundgesetz, damit die sich rasch wandelnde Gesellschaft eine klare sprachliche Grundlage behält. Die bisher erfolgten 52 (!) Änderungen des Grundgesetzes umfassten sogar den Tierschutz und zuletzt im Jahr 2006 den Passus, dass Berlin unsere Hauptstadt sein müsse. So etwas Wichtiges wie unsere Muttersprache schützt es dagegen nicht. Allein die zum Teil heftige Gegenwehr der Gegner einer solchen Grundgesetzergänzung zeigt, dass sie notwendig ist. Die Symbolkraft eines solchen Aktes würde möglicherweise auch einen Denkprozess anstoßen, unsere Sprachkultur zu stärken, die Reichheit und Schönheit unserer Sprache zu erkennen und zu erhalten. Man darf davon träumen, dass Kraftausdrücke und Gossensprache im Allgemeinen und insbesondere im medialen Sprachgebrauch zurückgedrängt werden und die Ausdruckskraft und Differenziertheit unserer Sprache wieder in das Bewusstsein gelangt. Gemäß der Überlegung, dass unseren Taten Gedanken und Worte vorausgehen, könnte ein gepflegter Sprachgebrauch sich in gepflegten Umgangsformen niederschlagen. Als Regionalvorsitzender des Vereins Deutsche Sprache unserer Sprachgruppe "Sprachkultur Mainfranken" möchte ich dem Verwurf Wolfs, wir seien "höchst sektiererisch auf Fremwörterhatz", entschieden entgegentreten. Die deutsche Sprache ist durch Fremd- und Lehnwörter entscheidend bereichert worden, und man kann allein unserem vereinsinternen Sprachgebrauch entnehmen, dass wir nie und nimmer Sprachpuristen sind und meinen, für all und jedes Fremdwort eine Verdeutschung anbieten zu müssen. Wenn wir an den Start gehen, übertriebene, sprachverdrängende Anglizismen mit deutschen Wörtern zu entgegnen - obwohl uns die oft böswilligen Unterstellungen mancher Sprachkritiker blümerant werden lassen -, findet dieser beispielgebende Satz den Kern unserer Bemühungen: Frei nach Goethe darf eine Sprache (und schon gar nicht die lebendige deutsche) sich dem Neuen nicht verschließen, sondern muss es verschlingen. Hier ist neben dem mühelos sich einfügenden Wort "Start" das Wort "blümerant" zu erläutern. Ursprünglich aus dem Französischen als bleu mourant eingewandert, hat der Sprachgebrauch es zu einem hübschen, deutschen Wort zurechtgeschliffen, das sich mühelos in die Melodie unserer Sprache einfügt. Leider fehlt uns der Mut, Vergleichbares bei englischen Wörtern zu leisten, wobei hier nicht nur völlig fremde Laute den Wortfluss behindern, sondern oftmals ganze Wortfamilien kannibalisiert werden. "Checken" wir es denn noch, wenn wir doch etwas verstehen, begreifen, prüfen, testen (!), untersuchen, aufgeben, anmelden, abmelden . . . können. "Ticken" wir noch richtig, wenn ein Fahrschein, Parkschein, eine Eintrittskarte, ein Flugschein und schließlich auch ein Strafzettel zum "ticket" verkommt. Kaum haben wir uns vom "billet" befreit, unterjochen wir uns dem "ticket". Müssen wir wirklich alles englischklingend benennen, wenn wir modern erscheinen wollen? Zumal, wenn wir uns an die Jugend wenden? Hier liegt doch ein gewaltiger Traditionsbruch vor, und wir versündigen uns an unseren Vorfahren. Sprache ist auch Heimat - und Heimat ist in einer globalisierten Welt wichtiger denn je.

    Bernhard Sturn

    97353 Wiesentheid

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