Nach Artikel 20 unseres Grundgesetzes geht alle Staatsgewalt vom Volk aus, das dieses Recht in Wahlen und Abstimmungen ausübt. Wenn die Politik diese Verfassungsvorgabe ernst nehmen würde, sollte die allenthalben angestrebte Verkleinerung des Bundestages kein Problem sein. Zudem ließe sich die Politik- oder besser Parteienstaats-Verdrossenheit durch folgende Vorschläge zügig minimieren:
Man könnte zum Beispiel 500 Wahlkreise einrichten, in denen die Wähler in direkter Wahl und einem zweiten Wahlgang nach zwei Wochen mit absoluter Mehrheit entscheiden können, wer die jeweils rund 170 000 Bürgerinnen und Bürger pro Wahlkreis vertritt. Dann würden endlich die Wählenden und damit im Sinne des Grundgesetzes das Volk entscheiden, wer es im Bundestag vertritt. Das Mitwirkungsrecht der Parteien bei der politischen Willensbildung wäre trotz allem gewährleistet, aber nicht mehr monopolisiert.
Durch den zweiten Stichwahlgang würden die Mehrheitsverhältnisse pro Wahlkreis klar abgebildet. Eine zusätzliche Listenwahl wird entbehrlich. Die unglückseligen Überhang- und Ausgleichsmandate, die uns das Bundesverfassungsgericht als Ausfluss des Verhältniswahlrechtes zum Wohle der Parteiendemokratie beschert hat, wären Vergangenheit.
Der Bundestag hätte damit eine feste und überschaubare Größe. Die Wahlperiode könnte man auf fünf Jahre verlängern und das Mandat auf zwei bis drei Perioden beschränken. Das brächte frischen Wind in den Bundestag und die Volksvertreter wären damit vor allem ihren Wählern verpflichtet und freier gegenüber den Gruppen und Parteien, die sie im Wahlkreis nominieren dürfen.
Wer könnte dann noch einen Fraktionszwang durchsetzen, den es mit Rücksicht auf Artikel 38 des Grundgesetzes gar nicht geben darf, der aber in der aktuellen Praxis die Abgeordneten sehr wohl daran hindern kann, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ zu sein.
Solange die Vordenker und Strategen der Parteien im Bundestag selbst darüber entscheiden sollen, wie sie möglichst bequem gewählt werden möchten, und wer damit die Chancen bekommt, politische Gestaltungsmacht auszuüben, wird eine ernsthaften Parlaments- und Wahlrechtsreform keine Chance haben. Vermutlich hilft hier nur eine Volksabstimmung weiter, in der das Wahlrecht und die Parlamentsstruktur vom Souverän selbst entschieden werden. Dieses Recht muss sich das Volk aber erst noch erkämpfen!
Franz Erich Kollroß, 97291 Thüngersheim