Es gibt unterschiedliche Schätzungen, aber ein paar hundert Windkraftanlagen müssten jedes Jahr neu gebaut werden, wenn die von der Regierung geplante Energiewende gelingen soll. Die allfällige Bürokratie macht diese Zielerreichung ohnehin schon schwer genug und wenn alle Dokumente zusammen sind, stellt sich die Frage: Wie kommt die Windkraftanlage auf mein Land? Die Zulassung eines Windparks ist in der Regel davon abhängig, dass es eine genehmigungsfähige Strecke gibt, auf der die Anlage vom Hersteller zum Standort transportiert werden kann. Das sollte in Autobahn-Deutschland eigentlich kein Problem sein. Tatsächlich aber bekommen Schwertransporte derzeit nur sehr schwer eine Genehmigung, manchmal klappt es gar nicht.
Schuld sind vor allem marode Brücken und kaputte Straßen. "Die Branche war im Rückblick der letzten Jahrzehnte noch nie mit solchen Einschränkungen konfrontiert, wie wir sie derzeit haben", sagte Helmut Schgeiner, Geschäftsführer des Bundesverbandes Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK), unserer Redaktion. Die Windkraftanlagen sind ein anschauliches Beispiel, aber beileibe nicht das einzige. Trafostationen können nur unter großen Mühen transportiert, große Kräne nicht zu den Windparks gebracht werden. Von anderen Gütern ganz zu schweigen. Die Probleme sind inzwischen so gewaltig, dass sie Lieferketten zum Erliegen bringen und die Energiewende aushebeln.
Viele Brücken werden einfach gesperrt – Schwertransporte nicht möglich
"Bürokratische Widrigkeiten bei den Genehmigungsverfahren gab es schon immer, das ist auch weiterhin ein Riesenthema", sagte Schgeiner und ergänzte: "Aber was zurzeit erschwerend hinzukommt, ist der Zustand der Infrastruktur. Er verschlechtert sich immer weiter." Es gehe, erklärte der Experte, im Wesentlichen um die Brücken. Das Problem sei seit Jahrzehnten bekannt, trotzdem nehme die Verfallsgeschwindigkeit extrem zu. Die Folge: "Viele Brücken sind für die Überfahrt durch Schwertransporte von den Behörden aus Sicherheitsgründen einfach gesperrt worden."
Die Windkraftanlagen werden immer größer, der Zuwachs bei Nabenhöhe und Rotorblattlänge zieht einen steigenden Aufwand für Transport und Aufstellung nach sich. Ein Schwertransport kann schon mal locker 100 Meter lang werden und allein die Parkplatzsituation stellt die Unternehmen da "vor allergrößte Schwierigkeiten". Ein Ausweichen auf Flüsse und Kanäle ist kaum möglich, da nach Verbandsangaben nicht genügend Schiffsraum zur Verfügung steht. Für die letzten Kilometer zum Windpark muss dann ohnehin wieder ein Transporter ran.

Eigentlich wäre die Branche angesichts dieser Entwicklung auf Hilfe durch die Behörden angewiesen. Doch die Politik reißt bürokratische Hürden nicht ein, das Gegenteil ist der Fall, wie Schgeiner beklagt: "Die Prozedur für den Erhalt einer Genehmigung wird derzeit immer umständlicher." Jeder Großraum- oder Schwertransport muss explizit geprüft werden. "Wegen des schlechten Zustands von Brücken und Straßen kommt es dabei immer öfter vor, dass eine Behörde die geplante Strecke nicht genehmigt und uns sagt: Ihr müsst euch irgendeine andere Strecke ausdenken", sagt der BSK-Mann und ergänzt: "Wir reden hier von Projekten, die teilweise Jahre im Voraus geplant werden, und wenn sich da ein Transport verzögert, kann man ihn nicht einfach eine Woche später fahren lassen." Die Verzögerungen führen logischerweise zu Mehrkosten, die am Ende bei den Kunden landen. Schgeiner spricht von Problemen, "die sich weder die Transportunternehmen noch die Industrie und die Wirtschaft in dieser Dimension je hätten vorstellen können".
Marode Straßen und Brücken in Deutschland: Die Ampel will gegensteuern
Die Ampel-Regierung hat das Problem erkannt und sich zum "Ziel gesetzt, die Genehmigungspraxis von Schwer- und Großraumtransporten zu erleichtern", wie es in der Antwort auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion heißt. Die Einführung eines "autobahnweit einheitlichen und weitgehend automatisierten Verfahrens" soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Autobahn GmbH des Bundes.
"Jetzt muss Volker Wissing auch liefern", mahnte Unions-Verkehrsexperte Ulrich Lange im Gespräch mit unserer Redaktion. Ankündigungen des Verkehrsministers von der FDP reichten nicht. "Andererseits wird es ja allmählich zur Gewohnheit, dass die Ampel nicht vorankommt", meinte Lange (CSU). Es sei nicht ihr erstes Vorhaben, das als Rohrkrepierer zu enden drohe. "Herr Habeck kann seine Windräder jedenfalls nicht im Eiltempo bauen lassen, wenn der Transport des notwendigen Materials nur im Schneckentempo erlaubt wird."