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BERLIN/SOLINGEN: Bundesweit Razzien gegen Salafisten

BERLIN/SOLINGEN

Bundesweit Razzien gegen Salafisten

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    Im Visier der Ermittler: Islamische Fundamentalisten bei einer Demonstration in Solingen.
    Im Visier der Ermittler: Islamische Fundamentalisten bei einer Demonstration in Solingen. Foto: Archivfoto: dpa

    Mit Großrazzien sind Polizei und Justiz bundesweit gegen radikal-islamische Salafisten vorgegangen. Beamte durchsuchten am frühen Donnerstag Wohnungen, Vereinsräume und eine Moschee in Solingen. Insgesamt waren 80 Orte in sieben Bundesländern im Visier der Ermittler. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verbot die salafistische Vereinigung „Millatu Ibrahim“ in Solingen, weil sie sich gegen die verfassungsrechtliche Ordnung in Deutschland wendet. Gegen zwei weitere salafistische Organisationen laufen die Ermittlungen noch.

    Friedrich sagte, die Maßnahmen seien „außerordentlich erfolgreich“ verlaufen. Ein Mann wurde in einer Moschee in Solingen gestellt, der mit einem internationalen Haftbefehl aus Großbritannien gesucht wurde. Insgesamt waren 850 Polizisten an den Razzien beteiligt. Sie stellten umfangreiches Material sicher, darunter Videoanlagen, Laptops und Handys, die nun ausgewertet werden.

    Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden stacheln radikale Salafisten mit ihrer Propaganda gewaltbereite Islamisten an oder haben selbst Verbindungen zu Terrornetzwerken. Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gibt es nach Angaben aus Sicherheitskreisen vom Donnerstag aber bislang nicht. Im März vergangenen Jahres hatte ein islamistischer Einzeltäter am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschossen. Es war der erste erfolgreiche islamistisch motivierte Anschlag auf deutschem Boden. Der Attentäter hatte sich über salafistische Propaganda im Internet radikalisiert.

    Friedrich hofft, dass neben „Millatu Ibrahim“ zwei weitere salafistische Organisationen verboten werden können. Dabei handelt es sich um das Netzwerk „Die wahre Religion“ und die Gruppe „Dawa FFM“ in Frankfurt. „Die wahre Religion“ ist die Organisation um den Kölner Prediger Ibrahim Abou Nagie, der mit der Verteilung von Koran-Exemplaren für Aufsehen gesorgt hatte.

    In Solingen rückte die Polizei in die Millatu-Ibrahim-Moschee ein. Die in einem verwinkelten Hinterhofgelände gelegene Moschee war bereits mehrfach Ziel von Polizeimaßnahmen. Als Kopf von Millatu Ibrahim gilt der österreichische Islamist Mohamed Mahmoud, der aus Deutschland abgeschoben wurde und nach Angaben aus Sicherheitskreisen nun von Ägypten aus über das Internet salafistische Propaganda verbreitet. In Bayern fiel die seit zehn Tagen im Geheimen vorbereitete Aktion eher klein aus: Neun Polizisten und einige weitere Beamte des Verfassungsschutzes und der Bezirksregierungen durchsuchten zwei Wohnungen in München und Augsburg. Festnahmen gab es nicht.

    Der Bundesinnenminister sagte: „Salafisten verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer Ordnung, die nach ihren Maßstäben 'gottgewollt' ist, zu überwinden. Sie sehen in der Scharia das einzig legitime Gesetz.“ Dies sei „unvereinbar“ mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. „Ein solches Islamverständnis hat in Deutschland keinen Platz.“

    Der Salafismus

    Der Begriff „Salafismus“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „die frommen Altvorderen“ (as-salaf as salih). Salafisten predigen einen Islam, der sich eng am Wortlaut des Korans und den Überlieferungen aus dem Leben des Propheten (Sunna) sowie seiner frühen Gefährten orientiert. In der Rückbesinnung auf die ersten drei Generationen wollen die Salafisten den ursprünglichen Islam bewahren und leben. Entstanden ist der Salafismus im 19. Jahrhundert in Ägypten. Er ist geprägt von stark intoleranten Zügen gegenüber anderen Religionen und Religionsgemeinschaften. Salafisten verstehen sich als die einzig wahre Gemeinschaft der Gläubigen, da ihrer Auffassung nach nur sie den Islam, wie Gott ihn vorgeschrieben hat, leben. Daher zählen auch alle nicht-salafistischen Muslime zu den Ungläubigen. Seinen Anhängern bietet der Salafismus ein Schwarz-Weiß-Werteschema an. Demokratie oder Gleichberechtigung werden als „unislamisch“ abgelehnt. Einige Salafisten gelten zudem als gewaltbereit und befürworten den Dschihad, den „Heiligen Krieg“, um einen Gottesstaat zu errichten. In Deutschland werden die Anhänger des Salafismus heute auf 3000 bis 5000 geschätzt. In diesem Jahr sorgten Salafisten mit einer massenhaften Koran-Verteilung für Aufsehen. Sie wollen nach eigenen Angaben 25 Millionen Koran-Exemplare kostenlos verteilen. Nach den Worten von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verfolgen Salafisten das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer Ordnung, die nach ihren Maßstäben „gottgewollt“ ist, zu überwinden: „Sie sehen in der Scharia das einzig legitime Gesetz.“ Text: epd

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