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BERLIN: Die Lehren aus dem Titanic-Untergang

BERLIN

Die Lehren aus dem Titanic-Untergang

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    Aus dem Untergang der Titanic vor hundert Jahren hat die Menschheit nach Ansicht des Katastrophenforschers Martin Voss noch nichts gelernt. Das Muster der Moderne sei bis heute, die Risiken der Technik durch noch mehr Technik beherrschen zu wollen, sagte der Hochschulprofessor.

    „Statt unser Weltbild infrage stellen zu lassen, bauen wir nur bessere Schiffe, höhere Deiche oder wollen uns mit Frühwarnsystemen schützen.“ Dabei sei der Untergang der Titanic in der Nacht vom 14. auf den 15. April vor 100 Jahren bereits der erste Wendepunkt gewesen, der in der Hochphase der Technik-Euphorie diesen Mythos widerlegt habe, sagte der Soziologe, der mit der von ihm geleiteten Katastrophenforschungsstelle im Herbst von der Kieler Universität an die Freie Universität Berlin gewechselt war.

    Nach den vielen Katastrophen der vergangenen Jahre sieht Voss momentan ein Umdenken. Dazu zählten der Tsunami in Südasien, das Erdbeben in Haiti, die Love-Parade in Duisburg oder der Atom-GAU in Japan. „Aber die Energiewende ist zunächst erst einmal nur ein Heilsversprechen wie es seinerzeit die Ankündigung war, mit der Titanic das sicherste Schiff der Welt zu bauen“, sagte Voss.

    Die Titanic hatte bei ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York am 14. April 1912 kurz vor Mitternacht einen Eisberg gerammt und war innerhalb von drei Stunden gesunken. Das damals weltgrößte Schiff hatte als unsinkbar gegolten. Bei der Katastrophe starben rund 1500 Menschen. Voss zufolge hängt das Schicksal letztlich nicht von der Technik ab, sondern vom Umgang mit ihr: „Wenn wir wissen, dass ein Schiff untergehen kann, verhalten wir uns anders, als wenn wir glauben, es sei unsinkbar.“

    Der Forscher plädiert für einen vorsichtigen Gebrauch des Begriffs Naturkatastrophe. „Beim genauen Blick lässt sich die Kausalkette fast immer auf den Menschen zurückführen.“ Schicksalhaft sei vielleicht ein Tsunami, aber dass viele Menschen in ärmlichen Behausungen an der Küste siedeln wie in Südasien, sei Folge politischer Entscheidungen: „Es gibt nur noch ganz, ganz selten Katastrophen, für die Menschen nicht verantwortlich sind.“ Der Soziologe kritisiert auch Zerrbilder: „Panik ist eher ein Randphänomen und taucht bei Weitem nicht so oft auf wie wir meinen.“

    Gerade in der Medienberichterstattung wie etwa zur Duisburger Love-Parade werde der Anschein erweckt, als ob sich Menschen bei Katastrophen wie Tiere benähmen. „Bei näherem Blick ist aber viel solidarischeres Verhalten zu erkennen als zunächst vermutet.“ Voss räumt aber ein: „Wir brauchen schreiende Menschen in den Straßen, wir brauchen Einzelschicksale, damit uns das tödliche Geschehen noch berührt.“

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