Markus Söder (CSU), Finanz -und Heimatminister im Freistaat, ist Mitglied der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Bayern. Die Synode tagt noch bis zum Donnerstag in Schweinfurt. Abseits der Kirchenthemen war Zeit für einen Redaktionsbesuch und ein Gespräch über das Thema dieser Tage – Flüchtlinge.
Frage: Sie haben über Twitter verkündet, Paris habe alles verändert. Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel hält dagegen: Paris hat nicht alles verändert.
Markus Söder: Natürlich hat der Anschlag einen Einfluss auf das Empfinden der Menschen. Nicht nur, weil Fußballspiele abgesagt werden. So ein schreckliches Ereignis geht an niemandem spurlos vorbei. Wie viel sich jedoch verändert hat – diese Einschätzung ist jedem selbst überlassen. Das wichtigste ist, dass wir ernsthafte Diskussionen über die Themen führen.
Ihre Twitter-Nachricht hat für Aufsehen gesorgt. Flüchtlinge und Terroristen in einen Kontext zu bringen, ist das das richtige Signal in dieser Zeit?
Söder: Das war so nicht gemeint. Die Stilkritik nehme ich aber an. Unabhängig davon müssen wir einfach wissen, wer sich im Land aufhält, wo er ist und mit welchen Motiven. Das wurde erkannt. Die Politik der unkontrollierten Grenzen kann so nicht mehr fortgesetzt werden.
In einem Interview haben Sie gesagt, es wäre naiv, zu glauben, dass sich kein einziger Bürgerkrieger unter den Flüchtlingen befindet. Stellt das nicht alle Flüchtlinge unter Generalverdacht?
Söder: Nein. Aber es gibt die große Sorge unter Sicherheitsexperten, dass Terroristen die Situation ausnützen könnten. Das sind auch die Bedenken vieler Menschen und die muss man einfach ernst nehmen.
Aber ein Terrorist hat doch ganz andere Möglichkeiten mit gefälschten Papieren ins Land zu kommen. Muss die Politik nicht Sicherheit schaffen, ohne den Flüchtlingen ein Gefahrenpotenzial zuzuschreiben?
Söder: Der Bund hat entschieden, hunderte neuer Polizisten zur Sicherung und Kontrolle zusätzlich an die Grenzen zu schicken. Das sind klar verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Die Sicherung der eigenen Grenzen gehört zur Kernaufgabe des Staates.
Frank-Jürgen Weise, Chef der Arbeitsagentur und des Flüchtlingsamts, rechnet mit 800 000 Flüchtlingen in diesem Jahr, von denen etwa 40 Prozent in Deutschland bleiben. Davon seien 70 Prozent erwerbsfähig, meint er. Eine Herausforderung?
Söder: Es gibt noch andere Zahlen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schätzt, dass nur zehn Prozent der Menschen, die zu uns kommen in den Arbeitsmarkt integrierbar sind. Die Rechnung von Nahles bedeutet umgekehrt, dass 90 Prozent in die soziale Sicherung zuwandern. Dies bedeutet, dass wir in Konkurrenzsituationen mit der einheimischen Bevölkerung kommen können. Wir wollen aber keine Leistungskürzungen für Einheimische.
Wie wollen Sie eine Obergrenze für Flüchtlinge einführen? Asyl ist schließlich ein individuelles Recht. Oder wollen Sie eine Mauer bauen?
Söder: Ein Problem ist doch, dass wir derzeit nicht genau wissen, wie viele Flüchtlinge sich in Deutschland aufhalten. Allein schon deswegen ist es wichtig, die Menschen an den Grenzen zu registrieren. Außerdem müssen die Verfahren beschleunigt werden. Die unendlich langen Wartezeiten bei Asylanträgen erschweren die Situation. Und wenn klar ist, dass jemand kein Bleiberecht hat, muss die Rückführung auch konsequent stattfinden.
Hat sich die Stimmung in Zusammenhang mit den Flüchtlingen geändert?
Söder: Es gibt nach wie vor großes humanitäres Engagement. Aber viele Menschen sind auch zunehmend besorgt. Diese Empfindungen sollte man ernst nehmen.
Sorgen ernst nehmen. Da sind wir bei den besorgten Bürgern, AfD und Pegida. In den Umfragen legt das rechte Spektrum zu. Anlass zur Besorgnis?
Söder: Die Umfragewerte sind das Eine. Die mögliche langfristige Emanzipation der Bürger vom demokratischen Spektrum das Andere. Diese Umfragewerte sind eine Art Warn- oder Weckruf an die etablierte Politik. Mit der Botschaft: Bitte, löst die Probleme. Wir brauchen daher Lösungen, dann verschwinden diese Parteien und Gruppierungen wieder in der Bedeutungslosigkeit.
Was treibt Sie aktuell um?
Söder: Die Sorge, dass Integration nicht ausreichend funktioniert. Wir wollen keine Parallelgesellschaften in Deutschland. Um dies zu verhindern, investiert der Freistaat rund 500 Millionen Euro für ein Integrationskonzept. Außerdem werden wir ein Integrationsgesetz vorlegen.
Markus Söder
Der bayerische Finanz- und Heimatminister (CSU) ist das einzige evangelische Kabinettsmitglied der bayerischen Staatsregierung. Söder gehört auch der evangelischen Landessynode an, die derzeit in Schweinfurt tagt. In den Tagen davor hat der 48-Jährige mit Äußerungen zur Terrorgefahr und Flüchtlingspolitik für Wirbel gesorgt. Kurz nach den Anschlägen von Paris forderte er im Kurznachrichtenkanal „Twitter“: „Paris ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen.“ Söder ist ausgebildeter Jurist und Journalist. Der Nürnberger ist verheiratet und Vater von vier Kindern.