So hatte sich die CSU das wahrscheinlich nicht vorgestellt, als sie nach der Bundestagswahl das Amt der Drogenbeauftragten der Bundesregierung für sich reklamierte und mit einer Abgeordneten aus ihren Reihen besetzte.
Marlene Mortler, die mit ihrer Familie den elterlichen Hopfenhof im kleinen Dehnberg bei Lauf an der Pegnitz betreibt und seit 2002 als direkt gewählte Abgeordnete den Wahlkreis Roth/Nürnberger Land im Bundestag vertritt, sollte die harte Linie der CSU im Kampf gegen Drogen vertreten. Sie sollte massiv gegen Kiffer und Fixer, gegen die Dealer wie die Konsumenten von Haschisch, Crystal Meth und Heroin vorgehen. Ganz in der Tradition ihres früheren Parteifreundes Eduard Lintner, der von 1992 bis 1998 erster Drogenbeauftragter in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war.
Doch ausgerechnet ihre Amtszeit steht für eine erste wirkliche Liberalisierung in der bislang überaus restriktiven Drogenpolitik – im Januar beschloss der Bundestag nach langem Ringen eine beschränkte Freigabe von Cannabis für Schwerstkranke auf Rezept, bislang ein Tabu für die CSU.
Und vor wenigen Tagen brachte sie ohne Not die Stammwähler ihrer Partei auf die Palme, die heimischen Brauereien und ihre Mitarbeiter, als sie das traditionsreiche Deputat, den beliebten Haustrunk, der in vielen kleinen Brauereien noch immer den Angestellten zusteht, öffentlich kritisierte.
„Das Zahlungsmittel in Europa ist der Euro, und das ist auch richtig so“, sagte sie. Sie sei sich sicher, „dass es Alkohol als Lohnbestandteil in zehn Jahren nicht mehr geben wird.“ Die Kritik der Brauer ließ nicht lange auf sich warten. Aber auch die Gewerkschaften, die die Interessen der Beschäftigten vertreten, äußerten ihr Unverständnis. Der Haustrunk sei seit Jahrzehnten „fester Bestandteil von Tarifverträgen in der Brauereiwirtschaft“, sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und selber gelernter Brauer. Es gebe keine Veranlassung, daran zu rütteln, „zumal Bier ein legal hergestelltes Produkt ist“. Kritik ist die 61-jährige Mortler seit ihrer Berufung in das Amt der Drogenbeauftragten 2014 gewohnt. Schon damals hieß es, die Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft, die zuvor den Bundestagsausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie für Tourismus angehört hatte, sei für dieses Amt nicht qualifiziert.
So lehnte sie einst die umstrittenen Rauchverbote in Gaststätten ab und vertrat die Position des Hotel- und Gaststättenverbandes. Sie frage sich, sagte sie damals, ob es hilfreich sei, wenn man „ein Klima der Angst erzeugt und Menschen gesellschaftlich ausgrenzt, die ein legales Produkt konsumieren.“
Und im Januar 2014, kurz vor ihrer Ernennung, verbreitete sie auf ihrem mittlerweile stillgelegten Twitter-Account ein Foto von der traditionellen CSU-Klausursitzung in Wildbad Kreuth, auf dem eine Flasche Obstler mit dem Namen „Kreuther Geist“ mit 38 Volumenprozenten zu sehen war.
Den Vorwurf, sie schütze und verteidige Alkohol und Nikotin, verteufele dagegen Cannabis, weist sie allerdings mit Entschiedenheit zurück. Sie sei diejenige, „die für ein weitgehendes Tabakverbot kämpft und bei jeder Gelegenheit vor den Gefahren des Alkoholmissbrauchs warnt.“