
Darf ein Bundespräsident in wilder Ehe leben? Das designierte Staatsoberhaupt Joachim Gauck ist verheiratet, lebt aber seit 1990 von seiner Frau getrennt und ist seit zwölf Jahren mit der Nürnberger Journalistin Daniela Schadt zusammen. Der Aschaffenburger CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis (73) hat deshalb gefordert, dass Gauck (72) „so schnell als möglich“ seine „persönlichen Verhältnisse“ ordnet, damit keine Angriffsfläche geboten werde. Diese Äußerung löste eine bundesweite Debatte aus und brachte Geis viel Kritik ein.
Linke-Chef Klaus Ernst aus Schweinfurt etwa findet die Debatte völlig überflüssig. Beim Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: „Was für eine mittelalterliche Debatte! Es gibt viel, was gegen Gauck als Präsidenten spricht, seine Lebensverhältnisse gehören nicht dazu.“ Sogar Pater Anselm Grün von der Benediktinerabtei Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen) hat nichts dagegen einzuwenden, dass Joachim Gauck mit seiner Freundin ins Schloss Bellevue einzieht. In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz sagte er dazu: „Er darf. Es ist seine Entscheidung.“
Norbert Geis, der dem konservativen Forum Deutscher Katholiken angehört, sagte dieser Zeitung, dass er doch nichts Außergewöhnliches gesagt habe. „Ich halte Joachim Gauck für einen guten Kandidaten.“ Nur sollten die persönlichen Verhältnisse des höchsten Repräsentanten des Staates dem Amt angemessen sein – „gerade weil Ehe und Familie in unserer Verfassung eine so große Rolle spielen“. Gauck solle sein Verhältnis zu seiner Lebensgefährtin deshalb legalisieren. Alois Glück, ebenfalls CSU-Mitglied und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, findet dagegen, dass Gaucks Lebenssituation „zu respektieren“ sei.
Gauck selbst hatte vor der Wahl des Bundespräsidenten 2010 angedeutet, dass er im Fall eines Sieges heiraten wolle. Mit Ehefrau „Hansi“ hat Gauck vier erwachsene Kinder und mehrere Enkelkinder. Sie hat zurückhaltend auf die Debatte über das Privatleben des designierten Bundespräsidenten reagiert. Zu einer möglichen Scheidung sagte sie der Rostocker „Ostsee-Zeitung“: „Bisher war das so nicht abgesprochen. Warum wird das jetzt wichtig?“
Die Gesellschaft sei doch offen auch für andere Partnerschaften. „Guido Westerwelle ist Außenminister und wird von seinem Lebenspartner begleitet“, sagte Hansi Gauck. Wenn die Scheidung jetzt „von weiter oben“ verlangt werde – „ich weiß es nicht“, sagte sie.
Das Grundgesetz macht zu den persönlichen Lebensumständen des Bundespräsidenten keine Vorgaben. Kyrill-Alexander Schwarz, Professor für Staatsrecht an der Uni Würzburg, sagt auf Anfrage: „Das Grundgesetz gibt in Artikel 54 nur vor, dass der Präsident deutscher Staatsbürger sein muss, das 40. Lebensjahr vollendet haben muss und das Wahlrecht zum deutschen Bundestag besitzen muss.“ Demnach wäre also etwa auch ein homosexueller Bundespräsident kein Problem.
Und Martin Schulze, stellvertretender Sprecher des Bundespräsidialamtes, sagt dazu: „Das Grundgesetz sieht keine First Lady, vor.“ Für sie sei aber ein Büro mit Sekretärin und Referenten vorgesehen, Budget, Chauffeur und Leibwächter inbegriffen. Mit Material von dpa und epd
Wulff im Krankenhaus
Nach dem Koalitionskrach um die Kür des nächsten Bundespräsidenten bemühen sich die Regierungsparteien um Schadensbegrenzung. „Wir haben ja mit der Kandidatur von Joachim Gauck überhaupt keine Probleme, im Gegenteil, wir unterstützen das“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Sein Kollege Patrick Döring von der FDP sagte: „Ich würde die Benennung um unser höchstes Amt im Staate nicht als Machtpoker bezeichnen.“
Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat sich in der Nacht zum Mittwoch in ein Berliner Krankenhaus begeben müssen. Das bestätigte das Bundespräsidialamt der Deutschen Presse-Agentur. Wie zu erfahren war, soll es sich um eine Nierenkolik gehandelt haben. Das Präsidialamt teilte keine Details mit. Es hieß lediglich: „Das Bundespräsidialamt bestätigt, dass sich Bundespräsident a.D. Christian Wulff vergangene Nacht für wenige Stunden in ein Berliner Krankenhaus begeben musste. Einzelheiten werden mit Rücksicht auf die Privatsphäre nicht bekannt gegeben.“