Der im Januar in Nigeria verschwundene Ingenieur Edgar R. aus Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) ist offenbar von Islamisten entführt worden. Sie wollen einem jetzt aufgetauchten Video zufolge eine Frau aus einem deutschen Gefängnis freipressen. Die Frau gehörte zum Umfeld der islamistischen Terroristen der sogenannten Sauerland-Gruppe.
Nigerianischen Zeitungen zufolge hatte ein Polizeisprecher zunächst berichtet, drei Angreifer seien in der Stadt Kano – in der der Ingenieur arbeitete – mit dem Auto angefahren. Sie fesselten den Ingenieur, steckten ihn in einen Kofferraum und fuhren davon.
Seine Familie in Bad Mergentheim und Filderstadt will sich zu dem Fall derzeit nicht öffentlich äußern. Von dem Ingenieur ist lediglich bekannt, dass er ledig ist, für den Konzern Bilfinger Berger arbeitet und seit etwa fünf Jahren in Afrika ist.
In der jetzt aufgetauchten Videobotschaft nennt R. seinen Namen und fleht: „Ich bitte meine Regierung um mein Leben, sonst sterbe ich hier“. Der Film zeigt ihn mit auf den Rücken gefesselten Händen vor zwei vermummten Bewaffneten.
Der Südwest-Rundfunk (SWR) berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass die Entführer die Ulmer Terrorhelferin Filiz Gelowicz freipressen wollen. Filiz Gelowicz ist die Ehefrau des verurteilten Mitglieds der „Sauerland-Gruppe”, Fritz Gelowicz, der wegen Planung eines Bombenanschlags eine zwölfjährige Freiheitsstrafe absitzt.
Seine Frau wurde im März 2011 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, die sie in Schwäbisch Gmünd absitzt. Ihr Anwalt sagte, die Frau wisse nichts von einem Freipressungsversuch. Sie habe einen Entlassungsantrag zum 25. April gestellt.
R. geriet laut dem Video in die Gewalt der Terrorgruppe „El Kaida im islamischen Maghreb“ (Aqim). Das Video wurde vergangene Woche dem privaten mauretanischen Onlinedienst ANI zugespielt.
Das mauretanische Onlineportal hat schon oft Botschaften von Aqim veröffentlicht, die sich stets als authentisch erwiesen. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin, das Video werde „gründlich geprüft“. Der Krisenstab sei um „weitere Aufklärung“ und eine Lösung bemüht. In der Botschaft heißt es: „Wir informieren Sie, dass Ihr Landsmann Gefangener von Aqim ist und fordern die Freilassung unserer Schwester Oum Seif al Islam al Ansariya sowie eine Entschädigung für die ihr zugefügte Folter“.
Sollte Deutschland die Frau nicht freilassen, drohe dem Deutschen „das gleiche Schicksal wie dem Italiener und dem Briten“, heißt es weiter in dem Video. Am 8. März 2012 waren ein italienischer Ingenieur und sein britischer Kollege von Kidnappern getötet worden, als eine britische Spezialeinheit versuchte, sie zu befreien. Die Männer waren im Mai 2011 entführt worden.