Es ist ja nicht so, dass die SPD gerade auf einer Erfolgswelle surft. Und was macht eine Partei, wenn die Zukunft wolkig und die Gegenwart verregnet ist? Sie besinnt sich auf die Vergangenheit. Auf die alten Ikonen. Leute wie Helmut Schmidt. Doch weil die SPD bekanntlich nicht nur eine große Geschichte hat, sondern auch ein großes Talent, sich selbst ins Knie zu schießen, geht sogar das nach hinten los. In Hannover soll eine Straße nach Helmut Schmidt benannt werden. Schließlich war der Altkanzler, der im November gestorben ist, einer der angesehensten Deutschen. Doch es gibt Widerstand gegen die Helmut-Schmidt-Straße – und zwar ausgerechnet von der SPD.
Lothar Pollähne ist Bezirksbürgermeister in Hannover. Man könnte also sagen, der Mann hat es zu etwas gebracht. Andererseits: Außerhalb der niedersächsischen Hauptstadt dürfte sich sein Bekanntheitsgrad im weit unterdurchschnittlichen Bereich bewegen. Das könnte sich jetzt ändern: Genosse Pollähne – zuständig für den Bezirk 7, Südstadt-Bult – hat es mit seinen Bedenken bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. Bevor eine Straße nach Schmidt benannt wird, will der Lokalpolitiker nämlich erst mal dessen Rolle als Wehrmachtsoffizier im Zweiten Weltkrieg durchleuchten lassen.
Fakt ist: Über die Nazizeit hat der Altkanzler nicht viel geredet. Aber ist das schon ein Grund, an seiner Integrität zu zweifeln?
Gerhard Schröder gibt eine eindeutige Antwort. „In dieser Weise darf man nicht mit dem Andenken von Helmut Schmidt umgehen“, ärgert sich der bekannteste SPD-Politiker Hannovers und fügt hinzu: „Das sage ich als jemand, der ihn kritisiert, aber auch verehrt hat.“ Schröder verweist darauf, dass in Hamburg sogar der Flughafen bald den Namen des großen Sozialdemokraten tragen wird und lässt keinen Zweifel daran, was er vom Zögern seiner Parteifreunde hält: „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch in unserer Landeshauptstadt ein öffentlicher Ort nach ihm benannt wird.“
Am Freitag hat die SPD-Stadtratsfraktion genau das nun doch noch ganz offiziell beantragt. Der Widerstand aus dem Bezirk Südstadt-Bult scheint also gebrochen. Und Hannovers SPD-Chef hat sogar schon den nächsten Schritt gemacht. Geht es nach ihm, soll Helmut Schmidt Namensgeber einer Hauptverkehrsstraße werden, die bislang nach Paul von Hindenburg benannt ist. Dieser hatte als Reichspräsident 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt.
Kuriosum am Rande: Die CDU Niedersachsen hat ihre Büros in der Hindenburgstraße 30 in Hannover. Sollte es also tatsächlich zur Umbenennung kommen, stünde auf dem Briefkopf der CDU künftig der Name Helmut Schmidt.