„Garantien in Gold“ – in riesigen weißen Lettern auf schwarzem Grund warnte das Athener Boulevardblatt „Avriani“ seine Leser vor einer „beispiellosen deutschen Zumutung“. Gemeint ist die Forderung von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Griechenland müsse künftig für Hilfskredite Sicherheiten hinterlegen – Gold oder Industriebeteiligungen. Diese „neue Provokation Berlins“ werde das erst im Juli geschnürte zweite Rettungspaket für Griechenland kippen, fürchtet „Avriani“.
Auch die Zeitung „Eleftheros Typos“ macht sich Sorgen: „Sie kommen auf den Geschmack“, lautet ihre Titelschlagzeile. „Die Regierungen der Eurozone wollen das Vermögen Griechenlands pfänden“, schreibt das Blatt. Daneben ist Bundeskanzlerin Angela Merkel abgebildet.
Die Kanzlerin ging zwar auf Distanz zu ihrer Arbeitsministerin. Von der Leyens Plan höre sich zwar „nett“ an, sie rate aber dazu, „diesen Weg nicht weiterzugehen“, sagte die Kanzlerin in einer Sondersitzung der CDU/CSU-Fraktion nach Angaben von Teilnehmern. In den Koalitionsfraktionen fand Ursula von der Leyen allerdings Mitstreiter: Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, forderte ebenfalls, Schuldenstaaten müssten ihre Goldreserven nutzen. Auch der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler hält solche Absicherungen als „Druckmittel“ für geeignet.
In Griechenland weckt die Forderung, das Land müsse seine Goldreserve als Sicherheit hinterlegen, ungute Erinnerungen. Schon einmal griffen Deutsche nach dem Gold der Griechen – während der Nazi-Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Die Goldreserve der griechischen Notenbank belief sich damals auf 18,86 Tonnen. Um das Edelmetall vor den Besatzern in Sicherheit zu bringen, brachte man es zunächst auf die Insel Kreta.
Als deutsche Fallschirmjäger auch dort landeten, transportierte der britische Kreuzer „Dido“ das griechische Gold nach Alexandria in Ägypten. Von dort wurde es später nach Pretoria in Südafrika und schließlich nach London gebracht, wo die Bank von England es treuhänderisch verwahrte. Nach Kriegsende kehrte das griechische Gold nach Athen zurück und wurde in den Tresoren der Zentralbank eingelagert.
Aber wäre da wirklich für Griechenlands Gläubiger viel zu holen? Die Goldbestände der griechischen Zentralbank beliefen sich Ende Juni 2011 auf 111,4 Tonnen. Das entspricht einem aktuellen Marktwert von 4,61 Milliarden Euro. Nicht viel, gemessen an dem ersten, im Mai 2010 für die Griechen geschnürten Hilfspaket von 110 Milliarden Euro, wovon bereits 65 Milliarden ausgezahlt sind. Nicht einmal zur Absicherung des deutschen Anteils, der sich auf 22,4 Milliarden Euro beläuft, würde die griechische Goldreserve ausreichen.
Auch die Forderung der Bundesarbeitsministerin, Athen solle den Gläubigern seine Industriebeteiligungen als Sicherheiten übertragen, stiftet eher Verwirrung. Denn schließlich hat sich Griechenland gegenüber der EU verpflichtet, diese Beteiligungen zu privatisieren. Noch bis Ende dieses Jahres sollen damit fünf Milliarden Euro, bis 2015 insgesamt sogar 50 Milliarden, erlöst werden, um Schulden abzutragen. Staatsunternehmen verkaufen und gleichzeitig verpfänden – beides geht nicht.
Uneinige Union
Über die Reform des Euro-Rettungsschirms EFSF gibt es selbst an der Spitze der Unionsfraktion Unstimmigkeiten. Nach einer Sondersitzung sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), er rechne mit einer Mehrheit für den neuen Rettungsschirm. Auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, erklärte, nur „ganz wenige Abgeordnete“ wollten Griechenland in die Pleite gehen lassen. Der als Wortführer der Kritiker geltende CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach bleibt jedoch dabei: Ohne ein geregeltes Verfahren, über das Schuldenstaaten notfalls in die Insolvenz entlassen würden, könne er dem Euro-Paket im Bundestag nicht zustimmen, sagte er. Der Gesetzentwurf soll am 8. September zur ersten Lesung in den Bundestag. TEXT: dpa