Es ist eine Bewegung, die man öfter an ihm beobachten kann. Meistens dann, wenn er für einen Augenblick nicht gefordert ist. In diesen Sekunden dreht Karl-Theodor zu Guttenberg mit der rechten Hand den Ehering an seiner linken schnell ein paar Mal um den Finger. Im Hauptquartier der Internationalen Schutztruppe ISAF in der afghanischen Hauptstadt Kabul ist das am Donnerstag wieder so ein Moment.
Gerade war der neue Verteidigungsminister in einem kleinen Kreis deutscher Soldaten. „Antrittsbesuch“, sagt er. Gleich geht es weiter zu einem schwierigen Gespräch mit dem ISAF-Kommandeur, US-General Stanley McChrystal. Vorher stellt er sich noch den Fragen der Medien. Er antwortet kurz und bündig. Keine weiteren Fragen. Zeit gewonnen für eine Atempause im Wortsinn. Und der Ring dreht sich.
Guttenberg, gerade einmal zwei Wochen im Amt, ist ein Politiker im Laufschritt. Eine der ersten Amtshandlungen des CSU-Ministers war die Abkehr von der Linie seines Vorgängers Franz Josef Jung (CDU), der die Bundeswehr in Afghanistan eisern in einem Stabilisierungseinsatz und nicht in einem kriegerischen Konflikt sehen wollte. Der 37 Jahre alte Guttenberg kassierte diese Ministeriumshaltung und sprach schnell von „kriegsähnlichen Zuständen“. Er betont während dieser für ihn ersten Afghanistan-Reise, dass er das „Empfinden der Soldaten darstellen“ und auch der deutschen Bevölkerung Klarheit über den Einsatz verschaffen wolle.
Den Soldaten in Kabul sagt der Minister, der jünger als viele von ihnen ist: „Sie haben gemerkt, es gibt eine andere Wortwahl.“ Und die Soldaten dürften gespürt haben, dass noch vieles neu werden dürfte mit ihrem neuen obersten Dienstherrn.
Wo Jung auf internationalem Parkett klare Aussagen scheute, geht Guttenberg in die Offensive. Nach einem Gespräch mit Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai stellt sich der bisherige Wirtschaftsminister noch am Flughafen vor die Kameras und sagt: „Ich habe sehr deutlich die deutsche Erwartung an die Regierung Karsai formuliert.“ Er habe die Korruption und die Kriminalität und die Amtsführung der afghanischen Regierung angesprochen. Auf die Frage, ob Karsai den Anforderungen denn auch nachkommen wolle, mahnt Guttenberg: „Wir haben die Erwartung, dass geliefert wird. Das ist etwas, was man nicht deutlich genug formulieren kann. Das habe ich höflich, aber mit der entsprechenden Zielsetzung getan.“
In einem Punkt lässt sich Guttenberg Zeit. Seit Monaten schon stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan schicken wird. Derzeit liegt die Obergrenze bei 4500 Mann. Der Bundestag entscheidet im Dezember über das Mandat für die Bundeswehr. Doch der neue Verteidigungsminister sagt, bevor Deutschland überhaupt irgendwelche weitere Verpflichtungen übernehme, müsse die afghanische Regierung erst einmal in Vorleistung treten. Außerdem müsse das neue Konzept der USA und die geplante internationale Afghanistan-Konferenz abgewartet werden.