Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

ANTALYA/BRÜSSEL (AFP): Marco fühlt sich hereingelegt

ANTALYA/BRÜSSEL (AFP)

Marco fühlt sich hereingelegt

    • |
    • |
    Der 17-jährige Marco sitzt nach einem Flirt mit einer jungen Britin seit zwei Monaten in der Türkei in Untersuchungshaft.
    Der 17-jährige Marco sitzt nach einem Flirt mit einer jungen Britin seit zwei Monaten in der Türkei in Untersuchungshaft. Foto: FOTO dpa

    Im Fall des seit Mitte April in Antalya inhaftierten 17-jährigen Marco W. aus Uelzen lehnt die türkische Regierung eine Freilassung vorerst ab. Sie werde aber für ein faires Verfahren sorgen, sagte der türkische EU-Chefunterhändler Ali Babacan am Dienstag nach einem Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Brüssel.

    Marco W., der des sexuellen Missbrauchs einer 13-jährigen Britin beschuldigt wird, beteuerte in einem Zeitungsinterview erneut seine Unschuld und warf dem Mädchen vor, ihn mit einer falschen Altersangabe hereingelegt zu haben. In einem in der Untersuchungshaft geführten Interview mit der türkischen Zeitung „Hürriyet“ forderte Marco das britische Mädchen Charlotte auf, die Wahrheit zu sagen. Sie habe ihr Alter ihm gegenüber mit 15 angegeben.

    Marco hatte während des Urlaubs im Hotel mit ihr geflirtet und war nach einer Strafanzeige der Eltern in Haft genommen worden. Der Fall hatte für erheblichen Wirbel gesorgt. Die Bundesregierung fordert eine Freilassung des Schülers, dessen Prozess am 6. Juli fortgesetzt werden soll. Bei einer Verurteilung drohen ihm acht Jahre Haft.

    Er habe mit dem Mädchen schlafen wollen, sagte Marco in „Hürriyet“. Das sei auch ihr Wunsch gewesen. Wegen eines vorzeitigen Samenergusses sei es aber nicht dazu gekommen. Als er später erfahren habe, dass Charlotte 13 Jahre alt ist, habe er „einen Schock bekommen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. In „Hürriyet“ beteuerte er, er hätte sich anders verhalten, wenn er das Alter des Mädchens gekannt hätte. Nun hoffe er, dass sein Prozess eingestellt werde.

    Der Fall des deutschen Teenagers sei ein „sehr unglücklicher Fall“, räumte Babacan ein. Aber die türkische Regierung könne und wolle sich nicht in das Rechtsverfahren einmischen: Die Unabhängigkeit der Justiz sei eine der Hauptforderungen der EU in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, sagte er. Darauf verwies auch der Trierer Rechtswissenschaftler Hans-Heiner Kühne, der das türkische Außenministerium in Menschenrechtsfragen berät. Er warnte davor, der Türkei mit Sanktionen bei den EU-Beitrittsverhandlungen zu drohen. Autoritäres Auftrumpfen nutze nichts, aber „wenn man hier still verhandelt, dann gibt es sicher eine sehr kurzfristige, gute Lösung“, sagte Kühne im Deutschlandradio Kultur.

    Alle Stellen sollen mithelfen

    Steinmeier drängte alle türkischen Stellen „mitzuhelfen, dass eine Lösung gefunden wird, damit der Jugendliche möglichst bald wieder bei seinen Eltern in Deutschland sein kann“. Dabei respektiere Deutschland die Unabhängigkeit der türkischen Justiz, sagte Steinmeier in Brüssel. Er habe mit Babacan und in einem sehr ausführlichen Telefonat mit dem türkischen Außenminister Abdullah Gül in der Nacht zum Dienstag „die humanitären Aspekte dieses Falls erörtert“. Dabei habe er auch auf die schwierige Situation der Eltern hingewiesen.

    Nach einem Bericht des türkischen Nachrichtensenders NTV verwies Gül in dem Telefonat unter anderem darauf, dass eine Haftentlassung für Marco W. kaum möglich sei, solange die Familie des mutmaßlichen Opfers nicht die Strafanzeige zurückziehe. Der 17-Jährige werde in der Untersuchungshaft versorgt und dürfe seine Eltern sehen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden