Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

DUISBURG/BERLIN: Schlag gegen Rockerbande

DUISBURG/BERLIN

Schlag gegen Rockerbande

    • |
    • |
    Verbotene Organisation: Mitglieder des niederländischen Rockerclubs „Satudarah“ vor ihrem Klubheim in Duisburg.
    Verbotene Organisation: Mitglieder des niederländischen Rockerclubs „Satudarah“ vor ihrem Klubheim in Duisburg. Foto: Foto: Daniel Naupold, dpa

    Polizisten tragen die zitronengelben Klub-Insignien aus den Vereinshäusern: zwei Indianerköpfe mit Federschmuck, das Logo des berüchtigten Rockerclubs „Satudarah“. Nach drei Jahren in Deutschland heißt es einpacken für „Satudarah“. Am Dienstag bekommen die Klubhäuser und die Rocker im Morgengrauen Besuch von Spezialeinheiten, die etwaigen Widerstand brechen sollen, gefolgt von fleißigen Beamten, die die Vereinsutensilien beschlagnahmen, so geschehen etwa in Duisburg und Aachen. Die Aktion läuft in fünf Bundesländern gleichzeitig.

    Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat die aus den Niederlanden kommende Konkurrenz der Hells Angels bundesweit verboten. Während bei „Bandidos“ und „Hells Angels“ bislang nur einzelne Ableger, die sogenannten Chapter und Charter, verboten werden konnten, erstreckt sich das Verbot in Sachen „Satudarah“ auf sämtliche deutschen Aktivitäten. Allein in Nordrhein-Westfalen, wo sich die „Satudarah“-Aktivitäten in Deutschland bündeln, sind 540 Polizisten im Einsatz, um das Verbot umzusetzen. Bundesweit sind es etwa 1000 Beamte.

    Lebensbeichte vor Gericht

    Sie beschlagnahmen am Dienstag Messer, Schlagstöcke, Schlagringe, Macheten, Schwerter sowie Gas- und Schreckschusspistolen. Ein schwerer Rückschlag für die Multikulti-Rocker, die – 1990 von Einwanderern gegründet – bei ihrer Expansion über die deutsch-niederländische Grenze bislang alles andere als vom Glück verfolgt waren. Ihr Chapter in Recklinghausen musste sich nach einer Reihe von Festnahmen im vergangenen Jahr auflösen.

    In Duisburg ließ sich der dortige „Satudarah“-Präsident mit einer Kalaschnikow erwischen und landete vor Gericht. Dann folgte der Paukenschlag, der die Rockergruppe „ins Mark getroffen“ hat, wie Kriminaldirektor Thomas Jungbluth, Experte für organisierte Kriminalität, im nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt sagt.

    Der Duisburger „Satudarah“-Präsident, der sich Ali Osman nannte, pfeift auf das eherne Schweigegelübde der kriminellen Rockerklubs und legt vor Gericht eine Lebensbeichte ab. Er gesteht Drogen- und Waffengeschäfte, verrät Komplizen und Hintermänner. Auch sein Vize packt aus. Für die Polizei ist das ein Festtag. Der Präsident dürfte damit zugleich die juristische Basis für das Verbot geliefert haben. Aber auch bei den „Hells Angels“ dürften nun die Sektkorken knallen, ist die leidige Konkurrenz damit auf einem weiteren Tiefpunkt angelangt.

    Handgranaten gegen Höllenengel

    Schließlich hatte das Auftauchen der verfeindeten Holland-Rocker in Deutschland vor drei Jahren den schwelenden Rocker-Krieg angeheizt. Ein Handgranaten-Anschlag auf eine „Hells-Angels“-Lokalität wird „Satudarah“ zugerechnet. Die Höllenengel schlagen zurück, in Düsseldorf wird ein 26-Jähriger aus dem Umfeld von „Satudarah“ niedergestochen.

    „,Satudarah‘ darf mit seinen Symbolen und Kutten nun nicht mehr in Deutschland öffentlich auftreten. Deutschland ist für sie zu einer No-Go-Area geworden“, sagt Jungbluth.

    Dass ein Vereinsverbot kein Allheilmittel ist, zeigen die „Hells Angels“, deren Charter in Düsseldorf zwar seit 15 Jahren verboten ist, die ihre Macht in Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt aber nicht eingebüßt haben. Auf die Frage, welcher „Hells-Angels“-Charter eigentlich dort den Ton angibt, sagte ein Düsseldorfer Kriminalbeamter vor ein paar Tagen vielsagend: „Das Charter, das es gar nicht gibt.“

    Rockerklubs in Deutschland

    Im Kampf gegen die organisierte Kriminalität stand 2013 laut Bundeskriminalamt fast jedes achte Verfahren in Zusammenhang mit Rockerbanden. Meist geht es um Drogenhandel und Gewaltkriminalität wie Erpressung oder Körperverletzung. Seit 1983 haben die deutschen Behörden mehr als 30 Klubs als kriminelle Vereinigungen verboten.

    „Hells Angels“: Sie gelten als mächtigster Rockerklub der Welt. Er wurde 1948 von Kriegsveteranen in Kalifornien gegründet, der Name stammt von einer Bomberstaffel. Ihr Emblem ist der geflügelte Totenkopf. Aus der Gruppe von Harley-Davidson-Fans wurde eine straff geführte Organisation mit Mitgliedern in rund 30 Ländern, der erste deutsche Ableger entstand 1973. Seit Jahren geht der Staat gegen einzelne Klubs vor. Zuletzt wurden die Hells Angels im Herbst 2014 in Göttingen verboten. „Bandidos“: Auch die 1966 in Texas als Motorrad-Klub entstandenen „Bandidos“ haben Wurzeln im US-Militär. Die meisten Gründungsmitglieder dienten als Marines im Vietnam-Krieg. Die erste deutsche Sektion tauchte Ende der 1990er Jahre auf. Ihre Mitgliederzahl in der Bundesrepublik wird auf 600 geschätzt. Das Klub-Emblem zeigt einen mexikanischen Banditen mit Machete und Pistole. Im April 2012 löste Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) das „Bandidos“-Chapter Aachen und fünf seiner Unterstützerklubs auf. „Gremium Motorcycle Club“: Der 1972 in Mannheim gegründete Klub gilt als mitgliederstärkste deutsche Rockervereinigung. Ende der 1990er Jahre expandierte er und zählt heute rund 140 Chapter (Niederlassungen) in etwa zehn Staaten. In den Vereinsfarben Schwarz-Weiß werden auf den Jacken eine hochgereckte Faust und ein als Kriegsauszeichnung bekanntes „Eisernes Kreuz“ getragen. Im Juli 2013 verfügte das Bundesinnenministerium erstmals die Auflösung eines kompletten Regionalverbands. Text: dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden