In der Union formiert sich Widerstand gegen die restriktive Rüstungsexportpolitik von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Nach Berichten über ein Nein des SPD-Chefs und Vizekanzlers zum Verkauf von „Leopard 2“-Kampfpanzern an Saudi-Arabien warnen Politiker von CDU und CSU vor einem Aus für die gesamte Branche.
„Der Vizekanzler beerdigt die deutsche Rüstungsindustrie“, sagte der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn der „Passauer Neuen Presse“. Über den Verkauf von mehreren Hundert Kampfpanzern an Saudi-Arabien wird seit mehr als drei Jahren spekuliert. Die „Bild am Sonntag“ berichtete am Wochenende, Gabriel sperre sich nun gegen das Milliardengeschäft. Der SPD-Chef hatte in der Vergangenheit immer wieder für eine restriktive Rüstungsexportpolitik plädiert.
In einem „Stern“-Interview sagte er im Januar sogar, es sei eine „Schande“, dass Deutschland drittgrößter Waffenexporteur der Welt sei. Seine rote Linie definierte er so: „Keine Waffen an Länder, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch Unrechtsregimen sollte man keine Waffen verkaufen.“ Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz wollte am Montag trotz mehrerer Nachfragen nicht sagen, ob Saudi-Arabien für die Bundesregierung ein Unrechtsregime ist.
Technologietransfer
Die Union wehrt sich lautstark gegen den Kurs Gabriels. „Es ist erstaunlich, dass mit dem SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nichts mehr an Rüstungsgeschäften geht“, sagte Hahn. Auch CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs warnte in der „Passauer Neuen Presse“ vor einer restriktiven Rüstungsexportpolitik. „Wenn deutsche Rüstungsfirmen nicht mehr außerhalb des Nato-Bündnisses exportieren können, wird es künftig keine Rüstungsindustrie mehr in Deutschland geben. Die Gefahr ist groß.“ Die Aufträge der Bundeswehr seien so gering, dass sich die Rüstungsproduktion in Deutschland künftig so nicht mehr rechnen werde. „Da geht auch einiges an Technologietransfer für die deutsche Wirtschaft verloren. Die Amerikaner haben bei Waffenexporten weniger Skrupel als wir“, sagte Fuchs. „Ich fürchte, das wird auch nicht ohne Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen mit Saudi-Arabien bleiben.“
Die Informationspflichten der Regierung zu geplanten Rüstungsexporten stehen am Dienstag auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter verhandeln dann über die Klage der Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Claudia Roth und Katja Keul. Sie werfen der Bundesregierung vor, das Parlament auf ihre Anfragen im Juli 2011 hin nicht ausreichend über angebliche Waffenexporte nach Saudi-Arabien und Algerien informiert zu haben. Besonders interessierte die Parlamentarier seinerzeit, ob ein Export von „Leopard“-Panzern nach Saudi-Arabien genehmigt worden war.
Geheimhaltung
Sie stellten mehrere mündliche und schriftliche Anfragen an die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung. Anlass waren Zeitungsberichte, wonach die Lieferung von 200 Panzern in das arabische Land grundsätzlich gebilligt worden war. Soweit sich die Fragen auf die vermeintlichen Genehmigungen bezogen, verwies die Regierung auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Entscheidungen des Bundessicherheitsrates. Dies ist ein Ausschuss des Kabinetts, die Sitzungen werden von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geleitet und sind geheim.
Sipri-Institut: Weltweit rund 1,26 Billionen Euro für Rüstung
Während die USA weniger Geld für militärische Zwecke ausgeben, sind diese Aufwendungen im vergangenen Jahr in vielen Ländern der Welt laut Friedensforschern gestiegen. Das Ende des Irak-Einsatzes, der beginnende Afghanistan-Rückzug und ein enges Sparkorsett hätten sich in den USA deutlich bemerkbar gemacht, berichtete das Stockholmer Sipri-Institut. In den Vereinigten Staaten sanken die Ausgaben 2013 demnach um 7,8 Prozent, weltweit gingen sie um 1,9 Prozent zurück. Nimmt man die USA aber aus der Statistik heraus, kletterten die weltweiten Rüstungsausgaben um 1,8 Prozent. Wesentlich mehr Geld investierten demnach China, Russland und Saudi-Arabien. Rund um den Globus waren es umgerechnet rund 1,26 Billionen Euro. Deutschland steigerte die Ausgaben demnach leicht. „Der Anstieg der Militärausgaben in Schwellen- und Entwicklungsländern setzt sich unvermindert fort“, sagte der zuständige Sipri-Experte Sam Perlo-Freeman. Wesentlich mehr Geld nahmen nach Sipri-Schätzung China (188 Milliarden Dollar), Russland (87,8 Milliarden Dollar) und Saudi-Arabien (67 Milliarden Dollar) für militärische Zwecke in die Hand. Hinter den USA (640 Milliarden Dollar) landeten die Länder damit auf den Plätzen zwei, drei und vier. Sie gehören demnach zu den 23 Ländern auf der Welt, die ihre Militärausgaben seit 2004 mehr als verdoppelt haben. Deutschland belegt mit leicht gestiegenen Ausgaben von 48,8 Milliarden Dollar (rund 35,1 Milliarden Euro) in der Statistik den siebten Platz – ein Sprung von Platz neun im Jahr davor. Saudi-Arabien steigerte seine Ausgaben um 14 Prozent und überholte so Großbritannien, Frankreich und Japan. Den größten Sprung machte der Irak, der 27 Prozent mehr für militärische Zwecke ausgab. Text: dpa