Voller Vorfreude steigt man aus dem Flugzeug. Jetzt nur noch schnell den Koffer holen, und dann kann der Urlaub losgehen. Bald kommen die ersten Koffer angefahren. Die Traube der Wartenden wird kleiner. Schließlich drehen nur noch ein paar nicht abgeholte Taschen ihre Runden. Der eigene Koffer ist nicht dabei.
Ein solches Szenario kommt immer wieder vor und kann schnell den Urlaub ruinieren. Wer dafür geradestehen muss, ist klar festgelegt, sagt Juliane von Behren von der Verbraucherzentrale Bayern. Geregelt sei das im sogenannten Montrealer Übereinkommen. Demnach hafte die Fluggesellschaft für aufgegebenes Gepäck. „Wenn es beschädigt wird oder verloren geht, muss die Airline den Schaden ersetzen“, betont Expertin von Behren. Die Höchstgrenze für den Schadensersatz liege bei etwa 1400 Euro.
Auch wenn das Gepäck verspätet am Urlaubsort ankommt, muss die Fluggesellschaft zahlen. „Der Fluggast darf dann alles, was er dringend braucht, vor Ort neu kaufen“, sagt von Behren. Die Fluggesellschaft müsse nach Vorlage der Quittungen die Kosten erstatten. Allerdings sollten sich Passagiere nach ihren Worten darauf beschränken, wirklich nur das Nötigste zu kaufen.
„Andernfalls kann es passieren, dass sie auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben.“ Denn was genau zum notwendigen Bedarf zählt, ist nicht genau festgelegt. Jede Airline kann der Expertin zufolge selbst entscheiden, wofür sie aufkommt.
Der erste Ansprechpartner bei Gepäckverlust ist deshalb immer die Fluggesellschaft, erläutert Claudia Nehring vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. „In der Regel haben die Fluggesellschaften einen Schalter am Zielflughafen. Dort muss der Passagier eine offizielle Meldung abgeben, dass ein Koffer vermisst wird.“
Beschädigtes Gepäck melden
Aber Vorsicht: Wer das nicht bald nach der Landung macht, erschwert die Durchsetzung seines Anspruchs auf Schadensersatz. „Dann dreht sich die Beweislast um, und der Fluggast muss nachweisen, dass die Airline am Verlust oder der Beschädigung des Gepäcks Schuld hat“, sagt Nehring. „Den Abschnitt, den man beim Check-In bekommt und auf dem die Gepäcknummer steht, sollte man deshalb immer als Beweis aufbewahren.“
Beschädigtes Gepäck müsse innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden, führt sie aus. Taucht das Gepäck nicht auf, habe die Fluggesellschaft allerdings 21 Tage Zeit, den Koffer nachzuliefern. Erst dann könne der Passagier Schadensersatz von der Gesellschaft verlangen, erläutert Nehring.
Ein so großes Problem, wie der Gepäckverlust für Betroffene ist, ist er für die Luftfahrtindustrie aber nicht. Laut dem SITA Baggage Report, einer jährlich erscheinenden Studie eines belgischen Luftfahrt-Dienstleisters, gibt es nur bei etwa sieben von 1000 Passagieren Probleme mit dem Gepäck. Bei 3,5 Milliarden Menschen, die 2015 per Flugzeug unterwegs waren, sind das nach dieser Rechnung aber immer noch 24,5 Millionen Fälle. An großen Verkehrsflughäfen, die täglich Zehntausende Fluggäste abfertigen, passiert es also täglich. Meist sind laut der Studie zu kurze Umsteigezeiten schuld.
Aber welchen Weg geht das Gepäck, nachdem es am Check-In-Schalter abgegeben wurde? Florian Steuer vom Flughafen München erläutert, dass der Koffer zunächst eine Banderole mit einem Barcode bekommt. Sie dient zur Identifizierung, darauf sind Ziel und mögliche Zwischenstopps zu sehen. Denn ab dem Check-In läuft alles vollautomatisch.“ Der Koffer landet in einer Wanne und wird über ein System von Förderbändern zum entsprechenden Flugzeug befördert. Allein im Terminal 2 des Münchner Flughafens ist das Gepäcksystem 45 Kilometer lang, insgesamt werden in München rund 70 000 Gepäckstücke pro Tag transportiert, zu Ferienbeginn oder zur Wiesnzeit sind es schon mal 100 000.
Kontaktinformationen anbringen
Auf diesem Weg wird der Koffer auch geröntgt. „Wird dabei ein verdächtiger Gegenstand entdeckt, wird noch einmal geröntgt. Weiß man dann immer noch nicht, was es ist, muss der Koffer geöffnet werden.“ Wenn nichts auffällt, plumpst der Koffer am Ende auf ein Gepäckband, wo Flughafen-Mitarbeiter ihn auf einen Karren laden und zum Flugzeug bringen.
Mit einem verbreiteten Gerücht räumt er auf: „Zumindest bei uns in München werden keine Koffer durch die Gegend geschmissen. Unsere Leute müssen zügig arbeiten, aber sie machen das mit der gebotenen Vorsicht.“ Denn wenn es da Schäden geben würde, „würde das ja auf uns zurückfallen“. Zwar haften die Airlines für Schäden am Gepäck, die nötige Logistik stelle aber der Flughafen, so Steuer. Generell empfehlen Fluggesellschaften, Kontaktinformationen am Koffer anzubringen. Das hilft, den Koffer schneller dem Besitzer zuzuordnen, wenn die Markierung verloren geht.