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BERLIN: Wer wird der Nachfolger von Klaus Wowereit?

BERLIN

Wer wird der Nachfolger von Klaus Wowereit?

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    Jan Stöß
    Jan Stöß Foto: Foto: Rainer Jenßen, dpa

    Vielleicht hätten sie ihn schon früher fragen sollen. Als Jan Stöß, einer der drei Kandidaten für die Nachfolge des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, vor sechs Jahren an der Humboldt-Universität seine Promotionsurkunde entgegennahm, hatten die Bauarbeiten am neuen Berliner Flughafen noch gar nicht begonnen. Umso skurriler ist es aus heutiger Sicht, mit welchem Thema sich der junge Verwaltungsjurist damals um einen Doktortitel bewarb: „Großprojekte der Stadtentwicklung in der Krise.“

    Sollte Stöß neuer Hausherr im Roten Rathaus werden, wird er diese Expertise bestens gebrauchen können. Ohne fertigen Flughafen, heißt es in der Berliner SPD, werde die Partei sich schwertun, bei den Wahlen im Herbst 2016 die Macht in der Hauptstadt zu verteidigen.

    Zu sehr hat Wowereit das Projekt zu seiner ganz persönlichen Sache gemacht, zu hämisch sind die Kommentare, die sich seine Genossen deswegen noch immer anhören müssen. Wer Wowereit Mitte Dezember beerbt, klären die 17 000 Berliner Sozialdemokraten bis zum Parteitag Anfang November nach mehreren großen Anhörungen per Mitgliederentscheid. Vor dem ersten direkten Aufeinandertrennen der drei Bewerber bei einer Konferenz der Jungsozialisten am heutigen Freitag hat sich dabei allerdings noch kein Favorit herausgeschält.

    Der 41-jährige Stöß hatte beim letzten Parteitag zwar keinen Gegenkandidaten, erhielt als amtierender Landesvorsitzender aber trotzdem nicht einmal 70 Prozent der Stimmen.

    Der 49-jährige Michael Müller, Senator für Bau und Stadtentwicklung, ist nach 18 Jahren im Abgeordnetenhaus der Kandidat mit der größten Erfahrung, hat aber für viele den Makel, einer der engsten Vertrauten von Wowereit zu sein, also das Gesicht einer schon vergangenen Zeit.

    Raed Saleh schließlich, der Fraktionsvorsitzende und mit 37 Jahren auch der jüngste der drei Kandidaten, vermarktet den Anhängern seiner beiden Konkurrenten seine palästinensische Herkunft und seinen Aufstieg aus einem Problemkiez mit hoher Kriminalitätsrate zum Vorzeigemanager bei der Fast-Food-Kette Burger King etwas zu offensiv. Wer Berlin regieren wolle, sticheln sie, müsse mehr bieten als einen Migrationshintergrund. Obwohl alle drei von Wowereits Rücktrittsankündigung Ende August kalt erwischt wurden, ist die Sehnsucht nach einem politischen Neuanfang in der mit 60 Milliarden Euro verschuldeten Hauptstadt groß.

    Mehr als 150 neue Mitglieder sind seitdem in die Berliner SPD eingetreten, in den Umfragen hat die Partei um drei Prozent zugelegt, hat aber immer noch vier Prozentpunkte Rückstand auf die Union. Stöß hat den Mitgliedern in seinem Bewerbungsschreiben deshalb nicht nur mehr Investitionen versprochen, sondern auch „mehr SPD“. Während Müller und Saleh sich in der Großen Koalition gut eingerichtet haben und zu den Pragmatikern in der Partei gehören, ist Stöß der Mann der Parteilinken. Einer, der Konflikten nicht aus dem Weg geht und keine Probleme damit hätte, sich an die Spitze eines rot-rot-grünen Senats wählen zu lassen.

    Gute Bildung, mehr Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit: In ihren inhaltlichen Positionen unterscheiden sich die Bewerber nur unwesentlich, was auch daran liegt, dass keiner der drei so genau weiß, wie die Basis eigentlich tickt. Die Mehrheit der Funktionäre aus der zweiten und dritten Reihe fühlt sich zwar wie Stöß dem linken Parteiflügel zugehörig, rund drei Viertel der eingeschriebenen Mitglieder allerdings besuchen keine Veranstaltungen ihrer Ortsvereine und engagieren sich auch sonst nicht größer in der SPD. Sie sind die großen Unbekannten im Berliner Machtpoker – die Bürgermeistermacher.

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